Kickl rechnet mit Flüchtlingsstrom und macht Grenzen dicht
Neue Route über Albanien erwartet Kurz sieht keinen Grund für Alarmismus
Wien – Die Regierung rechnet damit, dass sich über Albanien, Mazedonien und Bosnien-Herzegowina eine neue Variante der Balkanroute öffnet – und macht sich bereit, Österreichs Grenzen dichtzumachen. Im Rahmen der Regierungsklausur in Mauerbach kündigte Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) Gespräche mit Staaten entlang der Route an und versicherte, nicht noch einmal eine Situation wie 2015 entstehen zu lassen.
Gleichzeitig betonte er in der deutschen Zeitung Die Welt am Sonntag, dass man mit Albanien und Mazedonien EU-Beitrittsgespräche beginnen soll: „Wer Konflikte in unserer Nachbarschaft auf dem Westbalkan vermeiden und zur Stabilisierung beitragen will, der muss den Ländern in der Region glaubhaft eine europäische Perspektive bieten.“
Die Koalition werde jedenfalls „alles tun“, um Zahlen wie 2015 zu vermeiden, sagte Kurz bei der Klausur. Damals habe man nämlich gesehen, wie es nicht laufen dürfe, erklärte der Bundeskanzler. Man werde alle „an der Grenze stoppen“, wenn es zu einem Ansturm kommen sollte, sagte Kurz. Allzu sehr dramatisieren wollte der VP-Obmann die Lage dann aber auch wieder nicht: Es gebe noch keinen Grund, „alarmistisch zu sein“.
Anders sein Innenminister Herbert Kickl (FPÖ). Er hatte knapp vor der Klausur angekündigt, „alle Vorbereitungen“zu treffen, um die Grenzen rasch dichtmachen zu können. Auch der 2017 beschlossene zivil-militärische Aktionsplan zur Gewährleistung des Grenzschutzes soll nun aktiviert werden. Sofortiges Handeln erhofft sich der Innenminister durch die Grenz- und Fremdenpolizeiliche Einheit, die sich derzeit im Aufbau befindet. 500 bis 600 Beamte gehören der Truppe an, „die wir sofort zum Dichtmachen der Grenze zum Einsatz bringen“. Auch entsprechendes Equipment sei vorhanden, wie etwa Containeranlagen, Grenzsicherungsgerät und vor allem mobile Grenzzäune. Kickl: „Wir sind gerüstet, um an der Grenze zu stehen.“
Außenministerin Karin Kneissl (FPÖ) hat am Sonntag in der ORFPressestunde davon gesprochen, dass sich derzeit etwa 30.000 bis 40.000 Flüchtlinge auf dem Balkan sammelten. Wie Kickl will sie „unkontrollierte Grenzübertritte“verhindern.
Kurz wird seinen albanischen Amtskollegen Edi Rama am Mittwoch in Wien empfangen, Kickl kontaktiert diese Woche die Innenminister der Westbalkanstaaten, um eine gemeinsame Lösung zu erarbeiten.
Der Bundeskanzler hat aber noch weitergehende Überlegungen: In der Welt am Sonntag meinte er, die europäische Grenzsicherungsagentur Frontex solle künftig auch in den Ländern Afrikas eingesetzt werden, um „effektiv gegen illegale Migranten“und das „schmutzige Geschäft“, das ihre Schlepper betreiben, vorzugehen.
Wien/Mauerbach – Eine neue Migrationsbewegung macht der Bundesregierung zunehmend Sorgen: Immer mehr Asylsuchende versuchen derzeit, über Albanien und Bosnien-Herzegowina nach Mitteleuropa zu reisen. In BosnienHerzegowina sind heuer bis Mitte Mai 4000 Personen angekommen, allein 1200 in der letzten drei Wochen – nur jeder zehnte Flüchtling lässt sich dort registrieren, fast alle wollen nach Schließung der alten Balkanroute (über Serbien) den Weg über Albanien, Montenegro und Bosnien-Herzegovina in nach Österreich und Deutschland nehmen.
Bis Slowenien sind seit Jahresbeginn 1567 Migranten vorgedrungen, im Vergleichszeitraum des Vorjahrs waren es nur 322. Und in Österreich wurden heuer bis 20. Mai 5.319 Asylanträge gestellt (im gesamten Vorjahr waren es laut Regierungsdaten 24.296).
Innenminister Herbert Kickl (FPÖ) zeigte sich am Sonntag besorgt und kündigte an, „im Fall der Fälle“werde er alle Grenzen zu Österreich dichtmachen. Ein nicht zu bewältigender Flüchtlingsstrom wie 2015 und 2016 darf sich laut Kickl nicht wiederholen – „dafür treffe ich alle Vorbereitungen“. Sollte man mit den vorhandenen Grenzkontrollen nicht auskommen, werde es „kein Durchkommen“für Flüchtlinge mehr geben. Die Lage werde täglich geprüft und bewertet.
Sofortiges Handeln erhofft sich der Innenminister durch die Grenz- und Fremdenpolizeiliche Einheit, die sich derzeit im Aufbau befindet. 500 bis 600 Beamte gehören der Truppe an, „die wir sofort zum Dichtmachen der Grenze zum Einsatz bringen“.
Auch entsprechendes Equipment sei vorhanden, wie etwa Containeranlagen, Grenzsicherungsgerät und vor allem mobile Grenzzäune. Noch am Montag will der Innenminister mit Vertretern der betroffenen Staaten auf dem Balkan – „von Griechenland bis Slowenien“– in Kontakt treten, um Österreichs Position klarzumachen. (red, APA)