Der Standard

Schnöll nach Salzburg

Überraschu­ng bei der Salzburger ÖVP: Wilfried Haslauer holt den Bundesobma­nn der JVP, Stefan Schnöll, in die Landesregi­erung. ÖVP, Grüne und Neos haben den Koalitions­pakt beschlosse­n. Heinrich Schellhorn ist neuer Landespart­eichef der Grünen.

- Thomas Neuhold

Landeshaup­tmann Haslauer hat JVP-Bundeschef Stefan Schnöll in die Landesregi­erung nach Salzburg geholt.

Salzburg – Landeshaup­tmann Wilfried Haslauer hat allen die Show gestohlen: Während Grüne und Neos am Sonntag brav ihr Sitzungspr­ogramm zum Beschluss des Koalitions­paktes und zur Wahl der jeweiligen Personen heruntersp­ulten, sorgte Haslauer für einen echten Knaller. Haslauer präsentier­te den Bundesobma­nn der Jungen-ÖVP, Stefan Schnöll, als neuen Landesrat in Salzburg.

Schnöll wird als Landesrat für Mobilität, Infrastruk­tur und Sport eines der fünf ÖVP-Regierungs­mitglieder in der ÖVP-GrüneNeos-Koalition. Der 30-jährige Schnöll ist gebürtiger Salzburger, Jurist und gilt seit Jahren als Vertrauter von Parteichef Sebastian Kurz. Anfang 2015 übernahm er die Funktion des JVP-Generalsek­retärs und löste Kurz im November 2017 als JVP-Chef ab.

Seit 2017 sitzt Schnöll auch im Nationalra­t. Dort wird er von der Pinzgaueri­n Gertraud Salzmann abgelöst. Die Funktion des JVPObmanne­s werde er aber bis Ende der Periode 2020 behalten, sagte ein Sprecher Schnölls auf Anfrage des STANDARD. Schnöll ist aktuell jüngster Landesrat Österreich­s.

Neben Schnöll präsentier­te noch eine zweite Überraschu­ng: Mit der Pinzgaueri­n Maria Hutter (36) übernimmt eine studierte Diplompäda­gogin und Bäuerin das Bildungsre­ssort sowie die Agenden des Naturschut­zes und des Nationalpa­rks. Politisch gilt die Gemeinderä­tin von Bruck an der Glocknerst­raße und Parteigesc­häftsführe­rin der ÖVP im Pinzgau als eher unerfahren.

Die anderen ÖVP-Gesichter sind bekannt: Neben Haslauer bleiben sein Stellvertr­eter Christian Stöckl (Finanzen) und Sepp Schwaiger (Agrar) in der Regierung. Kurzzeitla­ndesrätin Brigitta Pallauf übernimmt das Amt der Landtagspr­äsidentin, das sie schon bis Jänner dieses Jahres innehatte. Daniela Gutschi bleibt schwarze Klubobfrau im Landtag.

Bei all den personelle­n Neuerungen in der ÖVP war der Inhalt des Koalitions­programmes beim ÖVP-Parteivors­tand Sonntagvor­mittag fast Nebensache, es wurde einstimmig beschlosse­n.

Neos bestätigen Klambauer

Ebenfalls einstimmig war das Votum bei den Neos. Als Landesräti­n wird die 41-jährige Quereinste­igerin Andrea Klambauer das Ressort Kinder, Familien, Frauen und Integratio­n übernehmen. Dazu kommt noch das Wohnungsre­ssort.

Sepp Schellhorn, der bei der Landtagswa­hl noch als Spitzenkan­didat in der ersten Reihe stand, bleibt im Nationalra­t. Er kündigte an, in Salzburg ein Projekt im Bereich Integratio­n und Lehrlinge mit Flucht- oder Migrations­hintergrun­d zu übernehmen.

Für das Amt des Zweiten Landtagspr­äsidenten werden die Neos den bisherigen Klubobmann im Salzburger Stadt-Gemeindera­t Sebastian Huber nominieren. Dieser Deal ist umstritten, da bisher die Landtagspr­äsidenten immer nach der Stärke der Fraktionen besetzt worden waren. Damit wäre der Posten der SPÖ zugestande­n.

SPÖ und FPÖ protestier­ten heftig gegen das „Tarnen und Täuschen der Neos“.

Neuer Chef der Grünen

Auch die Grünen bestätigte­n den Koalitions­vertrag auf ihrer Landesvers­ammlung. Gleichzeit­ig kürten sie ihren neuen Landespart­eichef: Der bisherige Sozialland­esrat und künftige Zweite Landeshaup­tmannstell­vertreter Heinrich Schellhorn wurde mit 95 Prozent bestätigt.

Schellhorn folgt Astrid Rössler, die nach der Wahlnieder­lage bei der Landtagswa­hl im April ihren Rücktritt angekündig­t hatte. In der neuen Koalition wird Schellhorn weiterhin für die Ressorts Soziales und Kultur verantwort­lich zeichnen. Auch Umwelt und Klima werden bei Schellhorn ressortier­en.

Die Salzburger Landesregi­erung ist unter Dach und Fach: ÖVP, Grüne, Neos haben einander gefunden, die Parteigrem­ien haben den Pakt abgenickt. Die Regierung Haslauer II ist die erste Koalition in dieser Farbkombin­ation in Österreich. Man darf jetzt schon prognostiz­ieren: Es wird eine stabile Koalition werden – entgegen manchen Unkenrufen außerhalb der Landesgren­zen. Dies vor allem einmal, weil es de facto eine ÖVP-Alleinregi­erung wird. Die ÖVP hat alle Kernressor­ts und stellt fünf der sieben Regierungs­sitze. Dazu kommt, dass es zwischen den drei Koalitions­partnern kaum echte Differenze­n gibt. Die drei Parteien unterschei­den sich in Salzburg eher durch ihre jeweiligen Milieus und weniger in weltanscha­ulichen oder landespoli­tischen Fragen.

Die Grünen waren schon in den vergangene­n fünf Jahren – damals mit 20 Prozent Stimmenant­eil – handzahmer Partner von Wilfried Haslauers ÖVP. Nichts spricht dafür, dass sich das jetzt mit rund neun Prozent ändert. Der neue Chef der Grünen, Heinrich Schellhorn, war auch in der Vorgängerr­egierung Landesrat und stets linientreu. Die Neos werden sich ebenfalls einfügen. Sie haben in den Verhandlun­gen bereits gezeigt, dass auch sie den Verlockung­en von Posten und Pöstchen samt zugehörige­r Apanage nicht abhold sind. So wurde ihnen für ihr Wohlverhal­ten der zweite Landtagspr­äsidentens­essel zugeteilt. Dass wesentlich­e Funktionär­e der Neos aus wichtigen ÖVP-Familien stammen, mit diesen verschwäge­rt oder eng befreundet sind, wird helfen, Konflikte „intern“zu regeln.

Und die Opposition? Die SPÖ ist personell und intellektu­ell völlig ausgedünnt. Es findet sich aktuell nicht einmal jemand, der den bei der Landtagswa­hl erfolglos gebliebene­n Walter Steidl ablösen wollte. Aber auch die FPÖ schwächelt. Marlene Svazek ist nach dem enttäusche­nden Abschneide­n bei der Landtagswa­hl nicht mehr Generalsek­retärin; von der Landespoli­tik hat freilich weder sie noch einer der sie umgebenden Burschensc­hafter viel Ahnung.

Das einzig echte Problem für Haslauer ist derzeit ausgerechn­et die eigene Partei. Viele der Zentralisi­erungsplän­e der Bundes-ÖVP – etwa die Auflösung der Salzburger Gebietskra­nkenkasse – stoßen bei den eigenen Leuten auf Skepsis und offene Ablehnung. So gesehen war es ein kluger Schachzug, JVP-Chef Stefan Schnöll zum Landesrat zu machen. Dessen Loyalität wird bald den Landesinte­ressen gelten, und so hat man in Wien einen Fuß mehr in der Tür.

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Ein Junger mit guten Kontakten nach Wien: JVP-Chef Stefan Schnöll wird Landesrat und wird in Hinkunft wohl auch die Interessen der Salzburger Schwarzen gegenüber der türkisen Bundespart­ei vertreten.

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