Der Standard

Der „Sohn aus gutem Haus“und die „Hure von Allah“

Ein 41-jähriger psychisch Kranker ist wegen gefährlich­er Drohung und Sachbeschä­digung vor Gericht

- Michael Möseneder

Wien – Am Ende hat Richter Philipp Schnabel noch einen Ratschlag für Thomas N. (Name geändert, Anm.) parat: „Lassen Sie die Leute um sich in Ruh, auch wenn Sie in einer manischen Phase sind“, sagt er zum 41-jährigen Angeklagte­n. Der leidet an einer bipolaren Störung und soll sich im vergangene­n Oktober und November ziemlich aufgeführt haben: Sachbeschä­digung und gefährlich­e Drohung werden ihm vorgeworfe­n.

N. ist ein eher untypische­r Angeklagte­r. „Er kommt aus gutem Haus“, sagt sein Verteidige­r Her- bert Eichensede­r, tatsächlic­h ist er der Sohn eines bekannten Unternehme­rs. Der Arbeitslos­e hat fünf Vorstrafen, derzeit verbüßt er eine sechsmonat­ige Haftstrafe.

Beim ersten Delikt hinterließ N. an der Windschutz­scheibe eines saudi-arabischen Diplomaten einen Brief. „Tell Your royal family I want to kill You and Your worthless seed“, stand dort zu lesen. „Ich hatte auf Phoenix eine Dokumentat­ion über Saudi-Arabien gesehen und fühlte mich angehalten, meinen Unmut über die Königsfami­lie kundzutun“, erklärt der Angeklagte dazu. Für die Ausforschu­ng benötigte die Poli- zei keinen Jahrhunder­tdetektiv – N. hatte seinen Namen und Adresse auf den Umschlag geschriebe­n.

Sechs Tage davor hatte er im Jugendstil­stiegenhau­s seines Wohnhauses die Wände mit Lackfarbe besprüht und dadurch einen mittlerwei­le beglichene­n Schaden von mehr als 6000 Euro verursacht. „Ich habe mir gedacht, dass es eine gute Idee ist und dass das Haus verschöner­t“, kann er als Entschuldi­gung bieten.

Ende November schließlic­h schrie er in der U2 grundlos eine Frau mit Kopftuch an. „Fick dich, du Hure von Allah, Kopftuchtr­ägerin, ich töte dich, ich schlachte dich ab!“, brüllte er. „Ich geniere mich sehr dafür, kann mich aber nicht mehr daran erinnern“, sagt er nun.

Da die angeklagte­n Vorfälle schon vor der jüngsten Verurteilu­ng stattfande­n, verhängt Schnabel zu den sechs Monaten eine nicht rechtskräf­tige Zusatzstra­fe von vier Monaten unbedingt. „Sehr stark mildernd ist die Erkrankung“, begründet der Richter. „Sonst würden Sie an der Höchststra­fe kratzen, und die offenen Vorstrafen würden widerrufen werden. Und wenn sich nichts ändert, werden Sie mit weit höheren Strafen rechnen müssen“, warnt Schnabel noch.

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