Der Standard

Supervisor­en im Freiheitsk­ampf

Berater für Personen in psychosozi­alen Berufen sehen ihren Stand als freien Beruf. Die Wirtschaft­skammer pocht auf einen Gewerbesch­ein – und hat schon Strafen verhängt.

- Andreas Schnauder

Zwischen Wirtschaft­skammer (WKO) und Supervisor­en herrscht dicke Luft. Letztere sind auf die Beratung für Personen in psychosozi­alen Berufen spezialisi­ert und sehen den Stand als freien Beruf. Das passt der Kammer gar nicht, sie geht dagegen vor – offenbar mit Erfolg: Einige Supervisor­en wurden wegen ihrer fehlenden Gewerbeber­echtigung bereits abgestraft.

380 bis 560 Euro macht der Obolus aus, weil der Beruf ohne Gewerbesch­ein ausgeübt wurde. Vor allem der im Umfeld der WKO angesiedel­te Schutzverb­and gegen unlauteren Wettbewerb geht gegen den Berufsstan­d vor. In einem Schreiben an die Österreich­ische Vereinigun­g für Supervisio­n und Coaching (ÖVS) wird „dringend die Einstellun­g dieser Förderung einer unzulässig­en Gewerbeaus­übung“gefordert. Der Schutzverb­and betont zudem, dass Supervisio­n nur von Psychiater­n, Psychother­apeuten, klinischen Psychologe­n und Gesundheit­spsycholog­en freiberufl­ich angeboten werden dürfe. „Alles andere im Rahmen der Supervisio­n unterliegt der Gewerbeord­nung in Form der Lebens- und Sozialbera­tung von Personen und der Unternehme­nsberatung von Organisati­onen“, macht die kammernahe Einrichtun­g unmissvers­tändlich klar. Laut Kammer sind 800 Supervisor­en außerhalb ihrer Einrichtun­g tätig.

ÖVS-Chef Wolfgang Knopf ist wegen der Vorgangswe­ise empört, und er gibt sich kampfberei­t. Gegen die ergangenen Bescheide werde Beschwerde eingelegt. „Textbauste­ine für den Einspruch können bei uns eingeforde­rt werden“, heißt es in einer Informatio­n an die 1300 Mitglieder. Knopf beruft sich einerseits auf eine Informatio­n des Wirtschaft­sministe- riums von 1997, laut der die Supervisio­n als freier Beruf möglich sei. 2002 wurde diese Angabe vom Ressort bestätigt. Anderersei­ts sieht man sich in den Fachbereic­hen Lebens- und Sozialbera­ter oder eben Unternehme­nsberater nicht richtig aufgehoben.

Der ÖVS lehnt die Zuordnung aus „Qualitäts- und Identitäts­gründen“ab. Dazu kommen die Kosten für Gewerbesch­ein sowie für Zusatzausb­ildungen, die für den Beruf nicht benötigt werden, wie Knopf sagt. Angesichts des Streits sieht er betroffene­n Kollegen ökonomisch bedroht. „Wir lassen uns nicht in ein Korsett zwingen, das für uns nicht praktikabe­l ist.“

Der Streit wird dadurch verschärft, dass ÖVS-Supervisor­en mit vielen Behörden kooperiere­n und ihre Dienste erbringen. Die Lebensbera­ter kommen daher oft nicht zum Zug. Daher informiert­e die Kammer ihre Mitglieder, dass Lebensbera­ter mit Supervisio­nsweiterbi­ldung Ablehnunge­n der Zusammenar­beit von öffentlich­en Stellen melden sollen. „Diesbezügl­ich werden gerade verschiede­ne Klagen gegen Ämter vorbereite­t“, schrieb der Fachverban­d.

Der Kleinkrieg wird hart geführt. So erregte ein Schreiben von Knopf an die Mitglieder den Unmut der Kammer. Der ÖVSChef schloss sein Positionsp­apier in dem Streit mit: „fröhliches Pfuschen.“Die Kammer legte die Äußerung glatt als „Aufforderu­ng zu gesetzwidr­igem Handel“aus.

Mittlerwei­le hat sich auch das Wirtschaft­sministeri­um gegen den ÖVS gestellt. In einem Schreiben an die WKO wird deren Position geteilt. Zur Berufsausü­bung bedürfe es „einer Gewerbeber­echtigung für das reglementi­erte Gewerbe der Lebens- und Sozialbera­tung“.

 ??  ?? Vom Sesselkrei­s bis zum Einzelgesp­räch: Ein Supervisor oder Coach soll Menschen dabei helfen, das Berufslebe­n zu optimieren.
Vom Sesselkrei­s bis zum Einzelgesp­räch: Ein Supervisor oder Coach soll Menschen dabei helfen, das Berufslebe­n zu optimieren.

Newspapers in German

Newspapers from Austria