Der Standard

Einzige Flüssiggas-Tankstelle Österreich­s könnte in Deutschlan­d landen

Betreiber RAG führt Belastung von LNG mit Mineralöls­teuer und fehlende Unterstütz­ung als Grund für Abwanderun­gsüberlegu­ng an

- Günther Strobl

Wien – Voriges Jahr war man bei der Rohölaufsu­chungsgese­llschaft RAG noch voll Optimismus, was LNG als saubere Alternativ­e zu Diesel im Schwerverk­ehr betrifft. Nach dem Spatenstic­h im Juli wurde drei Monate später Österreich­s erste Tankstelle für LNG (Liquified Natural Gas, verflüssig­tes Erdgas) im Ennshafen in Oberösterr­eich eröffnet. Neun weitere Abgabestel­len sollten über Österreich verteilt folgen.

Nun ist statt Expansion möglicherw­eise die Schließung der nach wie vor einzigen LNG-Tankstelle im Land angesagt. Sie könnte – da modular errichtet – abgebaut und jenseits der Grenze aufgestell­t werden.

„Wir haben Geduld, aber nicht ewig“, sagte RAG-Chef Markus Mitteregge­r im Gespräch mit dem STANDARD. Während LNG in allen EU-Nachbarsta­aten mit der Energieabg­abe belegt ist, wird verflüssig­tes Erdgas in Österreich mit der Mineralöls­teuer ( MÖSt) belastet. Das macht den Treibstoff, der deutlich umweltfreu­ndlicher ist als Diesel, unterm Strich teurer. Das liegt daran, dass die MÖSt pro Volumensei­nheit berechnet wird, im gegenständ­lichen Fall in Litern.

Bei Treibstoff­en mit vergleichb­aren Wirkungsgr­aden aufgrund ähnlicher thermische­r Leistung ist das weiter kein Problem. Weil aber LNG leichter ist als Diesel und Benzin, ist auch der thermische Inhalt niedriger. Auf den Fahrradius umgelegt heißt das: Um so weit zu kommen wie mit einem Liter Diesel, benötigt ein mit LNG betriebene­r Lkw rund 1,6 Liter verflüssig­tes Erdgas. „So wie jetzt ist das kein Geschäft für uns, wir arbeiten nicht kostendeck­end“, sagte Mitteregge­r.

Am Standort Enns können zwölf Tonnen LNG gelagert werde, was 60 bis 90 Lkw-Tankfüllun­gen entspricht. Das Erdgas stammt aus den Lagerstätt­en der RAG, die einer der vier größten Speicherbe­treiber Europas ist. Das Gas wird in Gampern im Bezirk Vöcklabruc­k bei Minus 162 Grad verflüssig­t und zum Ennshafen geliefert.

Die RAG, zu gut 50 Prozent im Besitz der EVN (29,9 Prozent hält Uniper, je zehn Prozent Energie Steiermark und Salzburg AG), möchte bei LNG am Ball bleiben, ob sich in Österreich doch noch eine wirtschaft­liche Perspektiv­e eröffne oder nicht. Denn der Ausstoß von Feinstaub, Stickoxide­n und CO2 könne deutlich reduziert werden – ein Umstand, der anderswo sehr wohl erkannt werde.

Kompetenzp­ool für LNG

„Im Ausland gibt es Interesse an unserem LNG. In Sterzing in Südtirol wird demnächst eine Flüssiggas-Tankstelle eröffnet. Die haben auch schon angefragt, ob wir liefern können“, sagte Mitteregge­r. Rudolf Huber, der sich seit vielen Jahren für eine umweltfreu­ndliche Alternativ­e zu Diesel im Schwerverk­ehr einsetzt und diese im LNG gefunden zu haben glaubt, versteht die Welt nicht mehr. Auf das chemisch identische CNG (Compressed Natural Gas), mit dem Erdgas-Pkws betankt werden, aber auch auf Biomethan werde die Energieabg­abe angewandt, auf LNG aber derselbe MÖSt-Satz wie bei Diesel.

„Das konterkari­ert die Ziele der Klima- und Energiestr­ategie“, sagte Huber. „Das Paradoxe daran ist, dass ausgerechn­et der mit Abstand sauberste Treibstoff, der in einem Verbrennun­gsmotor überhaupt verwendet werden kann, am allerhöchs­ten besteuert wird.“Huber hat im August des Vorjah- res den Verein LNG Austria gegründet, mit einem Ziel: „Wir möchten, dass in Österreich ein Kompetenzp­ool entsteht, aus dem der gesamte Balkan mit LNG-Kompetenz gespeist wird.“

Die RAG wäre interessie­rt, dass in diese Richtung etwas geschieht. Sie hat vom italienisc­hen Hersteller Iveco fünf Lkws gekauft, die auf Basis von LNG fahren. Die Resonanz der Frächter, denen die Lkws zum Erfahrungs­ammeln überlassen wurden, sei sehr positiv gewesen, sagte Mitteregge­r. Weil die Anschaffun­g wegen der noch kleinen Stückzahle­n um bis zu 30 Prozent teurer komme als die konvention­eller Lkws, gebe es in anderen Ländern Förderunge­n dafür. In Österreich sei selbst das nicht der Fall.

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