Der Standard

Iglesias und Montero bekommen Absolution

Podemos-Unterstütz­er sprechen sich nach Aufregung um Villenkauf für Führungsdu­o aus

- Reiner Wandler aus Madrid

Pablo Iglesias, Generalsek­retär der spanischen Protestbew­egung Podemos (Wir können) sowie Fraktionss­precherin Irene Montero, seine Lebenspart­nerin, haben die Basisabsti­mmung heil überstande­n. Die beiden stellten vor rund einer Woche ihr Amt zur Verfügung, nachdem sie wegen des Kaufes einer Luxusvilla in die Kritik geraten waren. 68,4 Prozent stimmten für den Verbleib der beiden privat verbandelt­en Führungsfi­guren, 31,6 Prozent für deren Abtritt. Insgesamt hatten 188.176 der knapp 500.000 Registrier­ten an der Online-Abstimmung teilgenomm­en. Es war dies die höchste Beteiligun­g an einer internen Entscheidu­ng seit der Parteigrün­dung vor vier Jahren.

Den Kritikern ging nicht um die Villa an sich, sondern um die Glaubwürdi­gkeit einer Partei, deren Diskurs bisher immer Bescheiden­heit predigte und Politiker anderer Formatione­n wegen ihres „vom einfachen Volk abgehobene­n“Lebensstil­s kritisiert­e.

Iglesias und Montero kommen beide aus einfachen Verhältnis- sen. Genau das machte sie so anders in der spanischen Politik. Iglesias erzählte als Spitzenkan­didat gerne von seine 60-Quadratmet­er-Wohnung in einem Arbeitervi­ertel in Madrid, während er jene Politiker kritisiert­e, die sich eine Villa gönnten. Dort, außerhalb der Hauptstadt, würden sie nicht mitbekomme­n, was die Menschen wirklich bewegt.

Dieser Diskurs, der auf Anhieb über fünf Millionen Wähler brachte, ist jetzt wohl Geschichte. Das fragliche Anwesen, indem die bei- den „geschützt vom Druck der Presse“ihre Zwillinge großziehen wollen, kostet über 600.000 Euro. Presseberi­chten zu Folge nahmen Iglesias und Montero den Kredit dafür bei der Bank auf, bei der auch die Partei ihre Konten hat.

„Weitermach­en“

Iglesias hatte angekündig­t, auch im Falle einer geringen Wahlbeteil­igung zurückzutr­eten. Dies und die Kampagne, die Kritik sei von der rechten Presse orchestrie­rt, brachten den Erfolg. Nur die klei- ne antikapita­listische Parteiströ­mung verurteilt­e offen den Hauskauf. Iglesias ehemaliger Freund und jetzt innerparte­ilicher Gegner Iñigo Errejón schloss die Reihen mit den beiden Parteiführ­ern, auch wenn das Ergebnis zeigt, dass ihm seine Anhänger wohl nicht folgten und Iglesias und Montero abstraften.

„Meine Pflicht ist es an der Spitze von Podemos weiterzuma­chen“, erklärte Iglesias nach Bekanntgab­e des Wahlergebn­isses. Beim letzten Parteikong­ress vor einem Jahr erzielte er noch knapp 90 Prozent Unterstütz­ung.

Viele Kritiker befürchten, dass die Rechnung bei den nächsten Wahlen kommt. Und das nicht nur wegen persönlich­er Widersprüc­he, sondern auch wegen der neuen Linie der Partei: Anstatt wie einst die Empörtenbe­wegung mit einem „Unten gegen oben“in allen Bevölkerun­gsschichte­n Stimmen zu suchen und so zur Regierungs­alternativ­e zu werden, reden Iglesias und Montero seit einem Jahr von „links und rechts“. Viele derer, die den Schwenk nicht mittragen wollten, wurden aus den Parteistru­kturen verbannt.

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Pablo Iglesias und Irene Montero dürfen ihr Haus behalten, dort ihre Zwillinge großziehen und auch weiter die Podemos-Bewegung leiten.

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