Vassilakou will Citymaut ab der Stadtgrenze
Verkehrsstadträtin Maria Vassilakou (Grüne) schlägt abermals die Einführung einer Citymaut für Wien vor. Die SPÖ ist „gesprächsbereit“, in Niederösterreich und der Opposition gibt es wenig Verständnis für die Idee.
Lärm, Stau, schlechte Luft und eine erhöhte CO2-Belastung – Verkehrsstadträtin Maria Vassilakou (Grüne) will, dass sich die derzeitige Verkehrssituation in Wien verbessert und bringt dafür – wieder einmal – die Citymaut ins Spiel. 2010 hatten in einer Volksbefragung 77 Prozent der Stadtbevölkerung eine solche noch abgelehnt.
Vassilakou befürchtet aber durch den Lobautunnel mehr Autoverkehr, es brauche deswegen den „nächsten großen Wurf“. Sie schlägt eine Maut für sämtliche Einpendler vor – und zwar schon ab der Stadtgrenze. Sämtliche Autofahrer, die aus dem Umland in die Bundeshauptstadt kommen, müssten also zahlen.
Viel konkreter wird die Verkehrsstadträtin nicht. Was die Einfahrt in die Stadt kosten würde, wie kontrolliert und abgerechnet werden würde, dazu gab die Stadträtin noch keine Auskunft. Eine zeitliche Begrenzung kann sich Vassilakou vorstellen, beispielsweise von sechs bis zehn Uhr vormittags. „So soll auch vermieden werden, dass es Urlauber trifft“, sagt eine Sprecherin Vassilakous. Es gehe darum, die Pendler zum Umstieg auf die Öffis zu bewegen. „Deswegen ist nun der dringendste Schritt der Ausbau des öffentlichen Verkehrs. Es werden weiterhin Gespräche mit Vertretern aus Niederösterreich und dem Bund geführt.“
Die Oppositionsparteien begegneten dem Vorschlag großteils mit Ablehnung. ÖVP-Stadtrat Markus Wölbitsch argumentierte mit dem Wirtschaftsstandort – eine Citymaut mache den Wien für Lieferanten teurer –, die Neos zeigten sich „irritiert“und nennen den Ausbau der Öffis als Bedingung. Die FPÖ spielt den Ball zum neuen Bürgermeister: „Wenn Michael Ludwig jetzt die schikanöse Abzocke von über 350.000 Pendlern aus den Bundesländern durch eine Citymaut nicht im Keim erstickt, kann er gleich wieder zurücktreten“, sagt der freiheitliche Klubobmann Toni Mahdalik.
Beim Koalitionspartner zeigt man sich aber „gesprächsbereit“, wiewohl die Idee eine enge Abstimmung mit der ganzen Ostregion voraussetze, sagt SPÖ-Verkehrssprecher Siegi Lindenmayr.
Und dort war die Begeisterung wiederum nicht groß. Mobilitätslandesrat Ludwig Schleritzko (ÖVP) sieht einen „populistischen Schnellschuss, den wir so klar ablehnen“.
Stockholm als Vorbild
Der Verkehrsclub ( VCÖ) steht der Citymaut hingegen positiv gegenüber. In europäischen Städten wie Stockholm, Mailand oder London könne man positive Auswirkungen sehen, etwa wie Staus verhindert und der Radverkehr gefördert wurde, sagt VCÖ-Spre- cher Christian Gratzer. In der schwedischen Hauptstadt wurde die Citymaut 2007 endgültig eingeführt, davor wurde ein halbes Jahr getestet. Waren die Bewohner vor der Einführung noch mehrheitlich dagegen, hat sich nach dem Test eine Mehrheit für die Einführung ausgesprochen.
Der gebührenpflichtige Zeitraum ist auf Montag bis Freitag, von 6.30 bis 18.29 Uhr beschränkt. Das Passieren der Stationen kostet je nach Uhrzeit unterschiedlich viel. Gedeckelt liegen die Kosten bei umgerechnet knapp sechs Euro. Erfasst werden die Nummerntafeln der einfahrenden Autos vollautomatisch mit Kameras, einmal im Monat bekommt der Zulassungsbesitzer eine Rechnung. Allerdings: Das rund 30 Quadratkilometer große Mautgebiet in Stockholm ist von Wasser umgeben, es gibt nur 18 Einfahrten.
Wien hat eine Fläche von 145 Quadratkilometern, Videokameras an jeder einzelnen Straße, die in die Stadt führt, zu installieren, würde also einiges an Investitionen erfordern.
Eine Alternative ist die seit 1998 in Singapur praktizierte Variante, in der jedes Fahrzeug einen elektronischen Transponder hat – analog zur LKW-Maut in Österreich. Doch auch hier würden Kontrollen extensive Videoüberwachung erfordern. (moe, lhag, van)