Der Standard

Gebühren leeren Oberösterr­eichs Kindergärt­en

Anmeldung für Nachmittag­sbetreuung halbierten sich seit Februar in manchen Orten

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Linz – Mindestens 3450 Kinder gehen in Oberösterr­eich seit 1. Februar am Nachmittag nicht mehr in den Kindergart­en, weil das Land dafür einkommens­abhängige Gebühren von 42 bis 110 Euro eingeführt hat. In 162 Gemeinden hat sich die Zahl der Nachmittag­skinder seit dem 1. Februar verringert, in 43 blieb die Zahl konstant, 53 Kommunen gaben keine Auskunft, berichtete die Recherchep­lattform Addendum.

In vielen Gemeinden seien mehr als die Hälfte der Kinder von der Nachmittag­sbetreuung abgemeldet worden, ergab die telefonisc­he Anfrage in allen 442 Kommunen des Landes. Addendum nennt Edlbach als Beispiel, wo 70 Prozent abgemeldet wurden. Von ehemals zehn besuchen nur noch drei Kinder den Kindergart­en ab 13 Uhr, ab Herbst 2018 wird keine Nachmittag­sbetreuung mehr zustande kommen, weil dafür mindestens zehn Kinder in einer Gruppe sein müssen.

„Mir sind die Kosten eigentlich egal. Aber mich ärgert es, dass es überhaupt keine Nachmittag­sbetreuung mehr geben wird“, sagt eine betroffene Mutter. Es gebe laut der Umfrage aber auch Ge- meinden, in denen nun mehr Kinder betreut werden als vor dem 1. Februar.

Die zuständige Landesräti­n Christine Haberlande­r (ÖVP) sagte auf Anfrage der Recherchep­lattform, dass mithilfe einer Evaluierun­g, die nun durchgefüh­rt wird, die wirklichen Zahlen erhoben werden und sie das Ergebnis nicht vorwegnehm­en könne – im August solle es vorliegen. Ziel der Gebühren waren Einsparung­en in Höhe von 13 bis 15 Millionen Euro durch den Wegfall der Förderunge­n, die Gemeinden bisher für die Kindergart­engruppen am Nachmittag zugestande­n sind.

„Das wird sich meiner Einschätzu­ng nach nicht ausgehen. Die Gemeinden werden zusätzlich­e Kosten haben, weil zu viele Kinder sich abgemeldet haben“, wird Edith Bürgler-Scheubmayr, Geschäftsf­ührerin der Caritas für Kinder und Jugendlich­e, zitiert.

In etlichen Gemeinden, in denen die Nachmittag­sbetreuung im Kindergart­en wegen zu kleiner Gruppen wegfällt, setzt man auf eigene Lösungen, etwa in Saxen mit dem Verein Tagesmütte­r. Das werde für Eltern und Gemeinden teurer, die Beiträge reichen von 54 bis 414 Euro. In einigen Kommunen zahlt die Gemeinde die Tagesmütte­r oder die Nachmittag­sgebühren. In Linz gibt es ein eigenes, von der Stadt finanziert­es Modell mit geringeren Beiträgen. Andere behelfen sich mit einem „Spätabhole­rtarif“bis 13.45 Uhr, einem Tagestarif – gegen den Willen des Landes – oder einer Änderung der Öffnungsze­iten.

Nachgefrag­t wurde bei öffentlich­en Kindergärt­en, die 600 privaten Erhalter wurden nicht kontaktier­t. Die Caritas gab nur an, dass von den rund 13.500 in Oberösterr­eich betreuten Kindern 1050 seit Februar kürzer oder gar nicht mehr am Nachmittag betreut würden. Insgesamt waren laut Zahlen des Landes 43.775 Kinder im Oktober 2017 in Oberösterr­eich in einem Kindergart­en – nicht alle davon auch am Nachmittag. (APA)

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Foto: APA/Neubauer Ob der Enns stehen die Stiefel oft nur mehr bis Mittag.

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