Der Standard

Daimler-Chef zum Rapport in Berlin

Der deutsche Verkehrsmi­nister Andreas Scheuer (CSU) setzt Daimler-Chef Dieter Zetsche unter Druck: Binnen 14 Tagen muss dieser Vorwürfe über Dieselmani­pulationen aufklären.

- Birgit Baumann aus Berlin

Er schone die Autoindust­rie. Er habe vor allem die Interessen der Konzerne im Sinn, nicht jene der Kunden. Er sei an der Aufklärung der Dieselaffä­re bei Volkswagen nicht interessie­rt. Diese Vorwürfe hat sich der ehemalige deutsche Verkehrsmi­nister Alexander Dobrindt (CSU) immer wieder anhören müssen.

Seit März ist er nicht mehr im Amt, sondern führt im Bundestag die CSU-Landesgrup­pe an. Sein Nachfolger, Andreas Scheuer, stammt ebenfalls aus der CSU. Aber er will offenbar genauer hinschauen. Zwar hält er von Nachrüstun­gen bei Dieselfahr­zeugen auch nichts, aber er hatte kurz nach seinem Amtsantrit­t erklärt: „Ich bin nicht der Buddy der Autoindust­rie.“

Am Montagmorg­en empfing er dann „hohen Besuch“aus Stuttgart im Berliner Ministeriu­m: Daimler-Chef Dieter Zetsche war angeflogen gekommen – und zwar auf Geheiß des neuen Ministers. Es ging nicht um den Austausch von Freundlich­keiten. Scheuer wollte von Zetsche Genaueres über mögliche Manipulati­onen bei Dieselmoto­ren wissen. Das deutsche Kraftfahrt­bundesamt (KBA) hat den Autobauer zum Rückruf von weltweit rund 4900 Fahrzeugen des Modells Vito mit Dieselmoto­r der Abgasnorm Euro 6 verpflicht­et. Grund ist laut KBA eine unzulässig­e Abschaltei­nrichtung bei der Abgasreini­gung, durch die es zu erhöhten Stickoxide­missionen (NOx) kommt.

Keine Manipulati­on

Zudem berichtete die Bild am Sonntag, es müssten womöglich rund 40.000 Dieselmoto­ren der Baureihe OM 622 im Vito und 80.000 weitere der Baureihe OM 626 in der C-Klasse untersucht werden. Der Spiegel schreibt, es drohe sogar der Rückruf von mehr als 600.000 Dieselfahr­zeugen.

Zetsche ist also in Erklärungs­not. Als im Herbst 2015 der Die- selskandal bekannt wurde, hatte er noch erklärt: „Wir halten uns grundsätzl­ich an die gesetzlich­en Vorgaben und haben keinerlei Manipulati­onen an unseren Fahrzeugen vorgenomme­n.“

Zum Rückruf bereit

Anfang 2016 war von ihm zu hören: „Bei uns wird nicht betrogen, bei uns wurden keine Abgaswerte manipulier­t.“Zum Rückruf ist Zetsche nun bereit, aber er bestreitet, dass es sich um eine rechtlich unzulässig­e Funktion handelt. Das will Daimler zur Not auch gerichtlic­h klären lassen.

In zwei Wochen muss Zetsche wieder bei Scheuer antanzen. Der Minister entließ seinen Gast mit den Worten: „Wir werden jetzt einen vertieften Austausch über die hochkomple­xen technische­n Fragen vornehmen, mit dem Ziel, anhand unserer konkreten Prüfungen umgehend die genaue Zahl der betroffene­n Modelle zu ermitteln. Bei einem weiteren Treffen in 14 Tagen werden die konkreten Ergebnisse auf dem Tisch liegen.“

Gesprächst­hema dürfte auch ein Bericht des Spiegels gewesen sein, demzufolge das Ministeriu­m den Verdacht hat, dass Daimler die vermutlich illegalen Manipulati­onen vertuschen wollte. Die Beamten gehen Hinweisen nach, dass die illegale Motorsoftw­are mit einem Update heimlich überspielt worden sein könnte – etwa im Rahmen eines normalen Services in der Mercedes-Werkstatt.

Im Clinch liegt Scheuer auch mit der deutschen Umweltmini­sterin Svenja Schulze (SPD). Sie schlägt vor, Dieselfahr­zeuge nicht flächendec­kend in ganz Deutschlan­d technisch nachzurüst­en, sondern zunächst in jenen Städten, in denen die Luft besonders schlecht ist, um so Fahrverbot­e zu verhindern. Doch aus Scheuers Sicht ist dies „nach wie vor eine Investitio­n in die Vergangenh­eit.“

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Glänzt der Mercedes-Stern vielleicht doch nicht so sauber? Der deutsche Verkehrsmi­nister erwartet baldige Aufklärung.

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