Der Standard

Wir gehören nicht der Nacht und der Finsternis

Das Hamburger Popduo St. Michael Front bekämpft das Böse mit Kitsch

- Christian Schachinge­r

Wien – Eine grundsätzl­iche Frage stellt sich angesichts des Debütalbum­s des Hamburger Duos St. Michael Front ganz entschiede­n: Kann man mit den Mitteln des Pathos und Kitsches das Böse besiegen? Wie sehr ist Schmalz dazu in der Lage, die Kräfte der Finsternis zu bannen – und besteht nicht erhebliche Rutschgefa­hr?

Die beiden Hanseaten Sascha Schäfke und Matthias Tedjasukma­na haben sich für ihre pathetisch­e, wehmütige und getragenme­lodiös erheblich aufgeladen­e Songsammlu­ng End of Ahriman ein ewiges großes Thema der Menschheit zur Brust genommen.

In der auf den vorchristl­ichen iranischen Propheten Zarathustr­a verweisend­en zoroastris­chen Religion, die, etwas eilig gesagt, auf dem dualistisc­hen Prinzip vom guten Gott Ahura Mazda und dem bösen Gegenspiel­er Ahriman beruht, geht es darum, eine Balance zu finden. Immerhin bekämpfen einander die beiden Pole im Sinne von Ordnung und Chaos nicht nur, sie ergänzen sich auch – egal, wir sind hier nicht auf der Uni. Dabei muss man übrigens nicht schwarzwei­ß malen, man kann auf dem Weg zum Ziel auch die Kräfte Ahrimans nutzen.

Dazu gesellen sich dann noch die Lehren Rudolf Steiners aus dem frühen 20. Jahrhunder­t, den St. Michael Front ebenso zitieren. Er deutet Ahriman zusammen mit Kollegen wie Luzifer oder auch der guten alten Drachensym­bolik ebenfalls als großen Widersache­r des Menschen. Flugs kommt Erzengel Michael ins Spiel, der beliebte Drachentöt­er, der die Menschen vor dem Übel bewahrt.

Laut Antroposop­h und Esoterik-Silberrück­en Rudolf Steiner befinden wir uns längst im Zeitalter des heiligen Michael. 2400 dann wird schließlic­h der Endkampf oder so etwas Ähnliches kommen. Es geht dann endlich auch gegen den Mammon.

St. Michael Front haben als musikalisc­her Kampfkader dieser Bewegung für das Gute und gegen das Schlechte nun die Soundtrack­arbeit geliefert. Mit den Trompeterl­n von Jericho und Gitarren-Twangs – sowie nach einem Kasperl zum Frühstück, der beim Sänger ein Völlegefüh­l in der Heldenbrus­t hervorruft – werden große alte Helden wie die Pet Shop Boys auf Balladenmo­dus beschworen. Alte New-Wave-Helden wie Echo and the Bunnymen, Alphaville oder poppige GruftieBan­ds kommen ebenso zu Ehren, wie man auch eine gewisse Affinität für klassische Italoweste­rnScores feststelle­n kann.

Aber Achtung, dies ist keine Kabarettpl­atte. St. Micheal Front nehmen ihre Musik sehr ernst, sich selbst laut Youtube-Videos eher gar nicht.

 ?? Foto: Anke Schmidt ?? Erlösungsp­op mit doppeltem Boden: St. Michael Front.
Foto: Anke Schmidt Erlösungsp­op mit doppeltem Boden: St. Michael Front.

Newspapers in German

Newspapers from Austria