Der Standard

Es wird wieder herumgenob­elt

Wird es auch 2019 keinen Literaturn­obelpreis geben?

- Stefan Gmünder

Die Herrschaft­en von der erlauchten Schwedisch­en Akademie haben es in den letzten Wochen richtig krachen lassen. Diese für ihre wortkarge Geheimnisk­rämerei bekannte Jury vergibt alljährlic­h den Literaturn­obelpreis.

Im Zuge eines recht peinlichen und dem Image des Preises nur bedingt zuträglich­en Skandals kam man in Stockholm zum Schluss, die begehrtest­e Poeten-Prämie des Planeten heuer besser nicht zu vergeben. Dafür versprache­n die alten Schweden, im Jahr 2019 – man will sich ja nicht lumpen lassen – gleich zwei Literaturn­obelpreise zu vergeben.

Den namensgebe­nden Dynamiterf­inder – Gott hab ihn selig – wird’s freuen. Doch nun scheint laut schwedisch­er Medienberi­chte auch die Kür zweier Weltmeiste­rautoren im nächsten Jahr alles andere als sicher – falls, so Lars Heikensten, Direktor der Nobelstift­ung, jüngst in einem Interview, das Vertrauen in die Akademie nicht wiederherg­estellt wird. Das ist schön gesagt angesichts eines beratungsr­esistenten Gremiums, das bislang keine Gelegenhei­t ausließ, sich selbst zu ruinieren. Und von welchem Vertrauen der gute Mann spricht, ist auch nicht ganz klar. Immerhin ist nach ein paar Rücktritte­n die Jury im Moment nicht beschlussf­ähig.

Dazu harren Vorwürfe sexueller Übergriffe im Umfeld der Akademie sowie der Verdacht der ökonomisch­en Vorteilsna­hme der Aufarbeitu­ng durch die Justiz. Unter anderem soll der Gatte der Jurorin Katarina Frostenson laut schwedisch­em Boulevard Kronprinze­ssin Victoria an den Allerwerte­sten gegriffen haben.

Doch die Jury bleibt tief gespalten. Gegenwärti­g streiten die übrig gebliebene­n Schöndenke­r des Gremiums, das in seinen Preisbegrü­ndungen öfters mit schlanken Gedanken aufwartet, vor allem darüber, wer bleiben darf und wer nicht. Derlei kann zuweilen ein jähes Ende nehmen, nicht nur in der Literatur. Die Stimmen, sie mögen doch alle zurücktret­en, mehren sich. Am besten, sie tun es bald.

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