DIE CAUSA BVT EINFACH ERKLÄRT
DIE VORWÜRFE GEGEN DAS BVT
Im Sommer 2017 gelangt ein 39-seitiges Papier mit Anschuldigungen gegen BVT-Beamte und Mitarbeiter des Innenministeriums an Medien, Staatsanwälte und Politiker. Seine Verfasser sind anonym, die Vorwürfe halten einer Überprüfung nicht stand oder sind klar übertrieben – so ist etwa die Rede von ausschweifenden Sexpartys mit Beamtinnen. Die Staatsanwaltschaft leitet im Herbst Ermittlungen ein, um Anschuldigungen zu prüfen.
NORDKOREANISCHE PÄSSE
Beamten wird vorgeworfen, der Republik Nordkorea geschadet zu haben, weil sie dreißig Stück der insgesamt 190.000 von der Österreichischen Staatsdruckerei produzierten nordkoreanischen Pässe abzweigten. Drei davon übergaben sie dem südkoreanischen Geheimdienst. Die Passübergabe wird im Oktober 2017 durch „Profil“und STANDARD bekannt. Das Innenministerium sagt damals, die Passweitergabe sei zu Schulungszwecken erfolgt.
NICHTLÖSCHUNG VON DATEN
BVT-Beamten wird vorgeworfen, sensible Daten nicht wie vorgeschrieben gelöscht zu haben. BVT-Chef Peter Gridling soll davon gewusst und nichts unternommen haben. Dabei geht es vor allem um Daten des Wiener Rechtsanwalts Gabriel Lansky, den die Staatsanwaltschaft schon 2017 einvernahm.
DIE RAZZIA
Am 28. Februar führt die Staatsanwaltschaft mit der Einsatzgruppe gegen Straßenkriminalität, deren Leiter ein FPÖ-Politiker ist, eine Hausdurchsuchung beim BVT durch. Dabei werden zahlreiche fallfremde Inhalte sichergestellt, etwa Datensätze zu Rechtsextremismus oder eine Liste mit bezahlten Quellen des Verfassungsschutzes. Das Oberlandesgericht Wien muss nun entscheiden, ob die Razzia rechtens war. Als Grund für die Hausdurchsuchung werden die nordkoreanischen Pässe und Daten-Nichtlöschung angeführt. Auftraggeber der Razzia war der FPÖ-Mann und Generalsekretär des Innenministeriums Peter Goldgruber.
SUSPENDIERUNG GRIDLINGS
In den Tagen nach der Razzia werden vier aktive BVT-Beamte suspendiert, darunter BVT-Chef Peter Gridling. Sie gingen alle gerichtlich gegen die Suspendierung vor, in zwei Fällen wurde diese bereits vom Bundesverwaltungsgericht aufgehoben. Gridling ist seit einer Woche wieder im Amt. Gegen Peter Goldgruber gibt es eine anonyme Anzeige in Richtung Amtsmissbrauch.
RUBICON UND IT-ZUKÄUFE
Einige Wochen nach der Razzia wird bekannt, dass es einen weiteren Ermittlungsstrang gibt. Dieser beschäftigt sich mit der Wiener IT-Firma Rubicon. Sie bekam jahrelang ohne Ausschreibung wichtige Aufträge vom Innenministerium, wie STANDARD und „Profil“bereits vergangenen Herbst berichteten. Ein Rubicon-Geschäftsführer ist durch Heirat mit dem Ex-Kabinettsund Präsidialchef im Innenministerium Michael Kloibmüller verwandt.
MICHAEL KLOIBMÜLLER
Die ehemalige heimliche Nummer eins im Innenministerium ist nun selbst Beschuldigter. Gegen ihn wird u. a. wegen Amtsmissbrauch ermittelt. Kloibmüller wird vorgeworfen, für den Milliardär Martin Schlaff Einfluss auf Ermittlungsverfahren genommen zu haben.
ALARMIERENDE E-MAILS
Der „Falter“zitiert in seiner aktuellen Ausgabe aus alarmierenden E-Mails dreier BVT-Beamten an die Justiz. Zwei IT-Beauftragte, welche die sensibelsten Daten der Republik bewachten, sowie die Leiterin des Referats für Extremismus, die intensiv in der rechtsextremen Szene ermittelte, drücken darin ihre Sorge aus. Sie orten „Stasi-Krimi“, „Hetzjagd“und den Missbrauch von Institutionen zwecks „Gewaltenverschiebung in Österreich“. (cms, fsc)