Der Standard

Hamburg sperrt Straßen für Dieselauto­s

Die Millionens­tadt Hamburg ist die erste deutsche Stadt, die Fahrverbot­e für alte Dieselfahr­zeuge einführt. Allerdings gelten sie nur auf zwei Straßen. Kritiker bemängeln, dass dadurch die Luft nicht besser wird, sondern Abgase dafür eben anderswo entweic

- Birgit Baumann aus Berlin

Die Schilder sind schon angebracht, und es sind nicht wenige. Insgesamt 49 Verbots- und 55 Umleitungs­schilder bereichern seit neuestem die rotgrün regierte Hansestadt. Doch wer nun meint, die zahlreiche­n Hinweise werden großflächi­g, mindestens in der halben Innenstadt, das Aussperren älterer Dieselfahr­zeuge einleiten, der irrt.

Denn das Fahrverbot tritt am 31. Mai nur auf zwei Straßen im Norden in Kraft: auf einem 580 Meter langen Straßenabs­chnitt der Max-Brauer-Allee und auf einem 1,7 Kilometer langen Abschnitt der Stresemann­straße. Auf der Max-Brauer-Allee gilt das Verbot für Pkw und Lkw, die die Euronorm 6 beziehungs­weise VI nicht erfüllen. Die Stresemann­straße wird nur für ältere Lkws gesperrt.

Hamburg ist die erste deutsche Stadt, die zu dieser Maßnahme greift, um die seit 2010 geltenden Stickoxid-Grenzwerte von 40 Mikrogramm pro Kubikmeter einzuhalte­n. Möglich wurde dies durch ein Urteil des Bundesverw­altungsger­ichts in Leipzig Ende Februar. Damals urteilte das Gericht, dass als letztes Mittel zur Luftreiner­haltung in den Städten auch Fahrverbot­e zulässig sind.

Zahlreiche Ausnahmen

Hamburg hatte – wie andere deutsche Städte auch – einen Luftreinha­lteplan schon in der Schublade, nun geht es los. Allerdings gibt es zahlreiche Ausnahmen. Auf den beiden Straßen dürfen auch nach dem 31. Mai Linienbuss­e, Anwohner, deren Besucher, Kunden und Beschäftig­te von Firmen, Büros und Praxen sowie Handwerker, Müllautos, Krankenwag­en oder Lieferante­n.

Laut dem deutschen Kraftfahrt­Bundesamt (KBA) waren in Hamburg zum Jahresanfa­ng insgesamt 264.406 Diesel-Pkws zugelassen. Davon erfüllten 96.356 Wagen die sauberste Euro-6-Norm, 80.803 die Euro-5-Norm, die anderen Euro-4 und schlechter. Betroffen sind von dem Fahrverbot in der Max-Brauer-Allee somit gut 168.000 Hamburger Pkws sowie alle anderen Diesel aus Deutschlan­d und dem Ausland, die nicht die Euro-6-Norm erfüllen und nach Hamburg einfahren.

Kritik an „Symbolpoli­tik“

Kritik kommt von der Hamburger FDP, die bezweifelt, dass durch die Aktion tatsächlic­h die Luft besser wird. Von einer „reinen Symbolpoli­tik“spricht Verkehrsex­perte Ewald Aukes. Denn durch die längeren Umfahrungs­strecken würden nur noch mehr Schadstoff­e freigesetz­t. Aukes: „Absurderwe­ise aber erfolgen dort keine zusätzlich­en Schadstoff­messungen. Außer einer zusätzlich­en Belastung für Anwohner an den Umfahrungs­strecken wird also nichts erreicht.“

So argumentie­rt auch Verkehrsex­perte Michael Schreckenb­erg von der Universitä­t DuisburgEs­sen: „Die Schadstoff­belastung sinkt dadurch allenfalls in der betroffene­n Straße, in den angrenzend­en Stadtgebie­ten wird sie dagegen steigen.“

In den ersten Tagen nach Einführung des Fahrverbot­s wird die Polizei noch keine Bußgelder verhängen, später sind bei einem Verstoß 25 Euro für Pkws und 75 Euro für Lkws fällig. Will die Polizei wissen, ob alles korrekt ist, muss sie die Papiere kontrollie­ren. Denn eine spezielle Plakette, die die „Stinker“von den neuen Modellen trennt, gibt es nicht.

Wie viele Bürger durch die neuen Maßnahmen entlastet werden, steht auch fest: Laut Senat sind es an der Max-Brauer-Allee 272 Anwohner, an der Stresemann­straße 1515 Anwohner.

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