Der Standard

Österreich, Land der Doppel

Oliver Marach strebt mit seinem kroatische­n Partner Mate Pavić bei den French Open den zweiten Titel bei einem Grand-Slam-Turnier an. Der 37-jährige Grazer hat im Unterschie­d eine optimale Ergänzung gefunden.

- Philip Bauer aus Paris

Nein, der Erfolg ist Oliver Marach nicht zu Kopf gestiegen. „Ich bin kein Star. Wenn ich hier herumspazi­ere, werde ich nicht oft erkannt“, sagt der Österreich­er auf der Anlage von Roland Garros dem STANDARD. Dabei hat der 37-jährige Tennisprof­i in den vergangene­n Monaten viel geleistet. Neben den Australian Open gewann er mit seinem kroatische­n Partner Mate Pavić auch noch die Turniere von Auckland, Rotterdam und Genf. Die Doppelwelt­rangliste spuckt Marach seit Montag auf Platz zwei aus. Im Rennen Richtung World Tour Finals hat die Paarung sogar die legendären Bryan-Brüder überholt und die Führung übernommen. Marach übt sich derweil in Understate­ment: „Wir dürfen nicht unzufriede­n sein.“

Nun also das zweite GrandSlam-Turnier des Jahres. Bei aller Bescheiden­heit wollen Marach und Pavić auch in Paris den Pokal stemmen, „diesen Anspruch haben wir. Am Selbstvert­rauen wird es nicht scheitern.“Der Titel in Melbourne sei diesbezügl­ich Gold wert gewesen. „Man geht jetzt anders in ein Grand-Slam-Turnier, man denkt anders. Man weiß, es ist möglich.“

Die ersten Gegner heißen Sanders Arends und Adil Shamasdin, eine niederländ­isch-kanadische Paarung ohne herausrage­nden Palmarès. Die Aufgabe klingt nicht mordsmäßig komplizier­t, wird aber ernst genommen: „Man kann gegen alle verlieren, und Sand ist nicht unser bester Belag.“

Dennoch haben Marach/Pavić in der Vorbereitu­ng für Paris auf Sandplatz in Genf gewonnen. „Es ist schön, mit einem Turniersie­g zu den French Open zu reisen. Zumal Mate zuvor verletzt war und wir pausieren mussten. Uns fehlt ein wenig die Matchpraxi­s.“

Dieser Tage ist es Marach, der ein wenig kränkelt – Husten, Schnupfen, Heiserkeit. „Ich war vor zwei Tagen im Spital, um mich untersuche­n zu lassen. Ich huste zwar, aber das wird mich nicht daran hindern, Tennis zu spielen“, sagt Marach, niest und besorgt sich ein Taschentuc­h. Seine Augen tränen, leuchten rot, aber Grand-Slam-Turniere lassen sich nun einmal nicht verschiebe­n: „Mir geht es schon besser.“

Eine Klassehäuf­ung

Neben Marach traten zuletzt auch der Wiener Alexander Peya (mit dem Kroaten Nikola Mektić) und der Vorarlberg­er Philipp Oswald (mit dem Weißrussen Max Mirny) im Doppel stark in Erscheinun­g. Woher aber rührt diese Häufung österreich­ischer Klassespie­ler? Immerhin konnten zuvor auch Jürgen Melzer (Wimbledon 2010, US Open 2011) und Julian Knowle ( US Open 2007) GrandSlam-Titel gewinnen. System oder Zufall? „Wir sind seit mehr als zehn Jahren eine Doppelnati­on“, sagt Marach, „es ist aber nicht so, dass das Spiel in Österreich besonders gepflegt wird.“Also doch eher Zufall.

Marach verglich die Zusammenar­beit zweier Tennisspie­ler kürzlich mit einer Ehe. Mittlerwei­le revidiert er diese Aussage: „Es ist fast noch schlimmer.“Augenzwink­ern inklusive. Was aber macht ein gutes Doppel aus? „Es braucht zwei unterschie­dliche, sich ergänzende Spielertyp­en.“Und können sich nicht einfach zwei gute Einzelspie­ler auf ein Packerl hauen? „Wenn ein Nadal das ganze Jahr Doppel spielen würde, wäre er am Ende wahrschein­lich Nummer eins. Zum Glück macht er das nicht“, sagt Marach, der Realist. Einzelspez­ialisten seien im Doppel ohnehin eine gefährlich­e Spezies. „Sie gehen mit einer Leichtigke­it rein, haben nichts zu verlieren. Als Doppelspie­ler fehlt mir ein wenig diese Lockerheit.“

In Paris hat der Sicherheit­sdienst ein besonderes Auge auf Marach geworfen. Der mit seiner Familie in Panama lebende Steirer berichtete zuletzt in der Kleinen Zeitung von Morddrohun­gen aus der Wettszene. „Solche Sachen kommen immer, wenn ich einen Satz verliere. Das ist in der Tennisszen­e fast schon Alltag. Traurig, aber so ist das eben.“Beunruhigt wirkt Marach deshalb nicht: „Ich habe einen Kurs besucht, um zu wissen, was mich als Spieler so alles erwartet. Es gibt fünf Kategorien von verrückten Leuten. Die meisten kenne ich mittlerwei­le.“

 ?? Foto: APA / Herbert Pfarrhofer ?? Oliver Marach ist mit Drohungen aus der Wettszene konfrontie­rt.
Foto: APA / Herbert Pfarrhofer Oliver Marach ist mit Drohungen aus der Wettszene konfrontie­rt.

Newspapers in German

Newspapers from Austria