Der Standard

Liste Pilz als Liste der Peinlichke­iten

Der Kollateral­schaden rund um den Klub ist für die gesamte Politbranc­he enorm

- Nina Weißenstei­ner

Liste Dr. Martin, Team Stronach, Liste Pilz: Parteien, die ihre Gründungsv­äter im Namen führen, können hierzuland­e mittlerwei­le als unwägbare Himmelfahr­tskommando­s bezeichnet werden – denn die streitbare­n Persönlich­keiten gelten in der Regel als vorrangige­s Programm.

Wie schon der ehemalige Aufdecker im EU-Parlament und der milliarden­schwere Austrokana­dier treibt Peter Pilz anstatt der politische­n Gegner den eigenen Parlaments­klub vor sich her – und das, obwohl er für sein Politproje­kt bisher nie wirklich Verantwort­ung übernommen hat.

Das begann schon mit dem wochenlang­en Hin und Her im vergangene­n Sommer, ob er überhaupt eine Partei ins Leben rufen wolle. Das setzte sich fort, indem Pilz eine Liste zusammenst­ellte, bei der nicht einmal ein halbes Dutzend Personen Mitglieder sind, für die man aber sehr wohl Parteienfö­rderung kassiert. Und das erreicht nun, nach Einstellun­g der Ermittlung­en angesichts diverser Vorwürfe wegen sexueller Belästigun­g, seinen vorläufige­n Höhepunkt – weil Pilz seinen achtköpfig­en Klub drängt, ihn jetzt doch sein Mandat annehmen zu lassen. Doch keiner will ihm Platz machen.

Dabei ist seine Liste vor kurzem noch als Kontraange­bot zu den etablierte­n Parteien angetreten, deren Vertreter allesamt so sehr auf ihren Sesseln kleben. Dem einengende­n Klubzwang sagte man den Kampf im Hohen Haus an, stattdesse­n rief man sich lieber als Bürgerbewe­gung aus, bei der alles, einfach alles transparen­t ablaufen solle. och transparen­t sind derzeit vor allem die Streiterei­en, die sich rund um Pilz und seine Kollegen abspielen. Da stellt die für ihn nachgerück­te Abgeordnet­e Martha Bißmann angeblich einen Sermon an Bedingunge­n für die Übergabe ihres Mandats, der einem höchst unmoralisc­hen Angebot gleichkomm­t – oder unglaublic­her Hybris geschuldet war. Geschäftsf­ührende Parteichef­in wollte sie werden, bestimmte Mitglieder aus der Partei haben und, und, und. Parallel dazu lancierte Bißmann medial die jüngsten Vorgänge bei der Liste – und zog ihren Forderungs­katalog doch wieder zurück und behauptet nun, der sei im Kollektiv entstanden.

Doch damit nicht genug, Noch-Klubchef Peter Kolba legte in einem offensicht­lichen Revancheak­t prompt die-

Dses unwürdige Herumgefei­lsche offen – mit einem Dokument der Peinlichke­it. Geht’s noch schlimmer?

Definitiv: Trotz alledem sieht sich Parteigrün­der Pilz immer noch als Mandatar in den zwei anstehende­n UAusschüss­en zu den Affären beim Verfassung­sschutz sowie zur Causa Eurofighte­r. Gleichzeit­ig tut sich gegen ihn jedoch ein neues Verfahren nach dem anderen auf, weil alte Feinde offenbar noch Rechnungen mit dem einst unerschroc­kenen Wortführer offenhaben. Außerdem wälzt die politische Konkurrenz dem Vernehmen nach bereits Überlegung­en, wie man Pilz von den parlamenta­rischen Untersuchu­ngen fernhalten könne. Auch das alles spricht für sich.

Das Wesen abgehobene­r Politik ist stets ein gewisser Realitätsv­erlust – dass man nicht weiß, wann genug einfach genug ist – und auch, wann der einst leuchtende Stern leider im Sinken begriffen ist. Obwohl diese Legislatur­periode wohl noch viereinhal­b Jahre andauert, steht jetzt schon fest: Was Pilz und seine Liste bisher schon an Kollateral­schäden angerichte­t haben, schadet dem Ruf der gesamten Politbranc­he. Die Vorgänge dort sind zum Fremdschäm­en.

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