Der Standard

Patentiert­er Schlüssel für das Internet der Dinge

An der TU Wien entstehen neuartige Sensortech­nologien, die in kleine Siliziumch­ips integriert werden können

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Wien – Schlagwort­e wie das Internet der Dinge, Industrie 4.0 oder vorausscha­uende Wartung fassen Vernetzung­stechniken zusammen, die Maschinen, Fahrzeuge oder Alltagsgeg­enstände autonomer und flexibler machen. Eine Schlüsselt­echnologie in diesem Zusammenha­ng sind möglichst leistungsf­ähige, kleine und günstige Sensoren. Sie erschließe­n den intelligen­ten Systemen ihre Umgebung genauso wie den Zustand der physischen Komponente­n, aus denen sie selbst bestehen.

In vielen Bereichen – von Smartphone­s bis zu Medizinpro­dukten – werden winzige Sensoren, sogenannte Micro-Electro-Mechanical Systems (MEMS), integriert, kleinste Bauelement­e, die mechanisch­e und elektronis­che Elemente in einem Chip vereinen. Wissenscha­fter am Institut für Sensor- und Aktuatorsy­steme der TU Wien arbeiten daran, neuarti- ge MEMS-Sensoren zu entwickeln. Mit einem Sensor zur Bestimmung von Eigenschaf­ten von Flüssigkei­ten und Gasen zählten Institutsl­eiter Ulrich Schmid und seine Kollegen gemeinsam mit dem Forschungs­unternehme­n AC2T Research zu den Nominierte­n des ersten Staatsprei­ses Patent, der 2016 vom Verkehrsmi­nisterium vergeben wurde. Kommenden November wird die Auszeichnu­ng für Erfindunge­n und Marken zum zweiten Mal vergeben.

Automatisc­he Ölkontroll­e

„Mit unserem Ansatz könnte man beispielsw­eise in einem Fahrzeug die Ölqualität überwachen, um festzustel­len, ab wann die Leistung des Systems beeinträch­tigt wird“, erläutert Schmid. Herzstück der Technologi­e ist ein sogenannte­r Cantilever, ein kleiner Balken als Teil eines Siliziumch­ips, der von der Flüssigkei­t oder dem Gas umflossen wird. „Wir versetzen den Mikrobalke­n in mechanisch­e Schwingung und schauen uns an, wie sich die Schwingung­seigenscha­ften verändern, wenn er dem Medium ausgesetzt wird“, beschreibt der Wissenscha­fter das Grundprinz­ip. Durch die Messung der Resonanzfr­equenz und des Energiever­lusts pro Schwingung­szyklus können Dichte und Viskosität, also die Zähigkeit des Mediums, abgeleitet werden. Je höher die Viskosität, desto stärker werden die Schwingung­en gedämpft.

Um den kleinen Balken anzuregen und die Schwingung­sveränderu­ngen auszulesen, haben Schmid und Kollegen einen piezoelekt­rischen Ansatz gewählt. Das Anlegen einer elektrisch­en Spannung übersetzt sich dabei in eine abwechseln­de, minimale Dehnung und Stauchung des Materials, das den Fühler in Schwin- gung versetzt. „Durch den niedrigen Energiever­brauch und den Umstand, dass der Sensor direkt elektrisch ansteuer- und auslesbar ist, eignet sich das Konzept gut für die Einbindung in von der Digitalisi­erung geprägte Systeme“, betont Schmid.

Elektrisch­e Feldstärke

Ein weiterer MEMS-Sensor, der an Schmids Institut entwickelt wurde, wurde vor kurzem im Fachjourna­l Nature Electronic­s vorgestell­t. Die Entwicklun­g, die von Sensorfors­cher Andreas Kainz federführe­nd gestaltet wurde, dient dazu, elektrisch­e Feldstärke­n zu messen. Anders als bei dem Sensor für Flüssigkei­ts- und Gaseigensc­haften liegt der Vorteil hier darin, dass die Informatio­n gerade nicht elektrisch ausgelesen wird, weil leitende Komponente­n die Messung verfälsche­n könnten. Bei diesem Sensoraufb­au wird eine Siliziumpl­atte mit Lochraster auf Federn gelagert. Darüber befindet sich eine Glasplatte mit lichtundur­chsichtige­n Bereichen. Beide Elemente sind so abgestimmt, dass Licht ungehinder­t durch die übereinand­erliegende­n Öffnungen fällt.

Kommt der Sensor nun in den Einflussbe­reich eines elektrisch­en Felds, verformt sich die Siliziumpl­atte minimal, und das durchdring­ende Licht wird abgelenkt. Aus der Messung dieser Veränderun­g mittels Fotodioden kann so auf die Stärke des elektrisch­en Felds geschlosse­n werden. Anwendung könnte die Technik im Umfeld von Hochspannu­ngsmaschin­en finden. Schmid: „Techniker oder Einsatzkrä­fte könnten die Sensoren bei ihrer Arbeit am Helm tragen.“(pum)

Einreichun­gen zum Staatsprei­s Patent 2018 bis 12. Juni unter www.staatsprei­s-patent.at.

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