Der Standard

Populistis­cher Blödsinn wird geglaubt

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Für Recep Tayyip Erdogan sind es die „Zinslobby“und die „Feinde der Türkei“, die am katastroph­alen Kursverfal­l der türkischen Lira schuld sind. Nicht etwa die falsche Wirtschaft­spolitik des autoritäre­n D Regimes Erdogan. er autoritäre Oberpopuli­st Donald Trump soll zu Macron gesagt haben, er werde dafür sorgen, dass auf der Fifth Avenue kein Mercedes mehr zu sehen ist. Auf die Idee, dass US-Autos einfach nicht mithalten können, kommt er nicht.

Wenn autoritäre Herrscher in Schwierigk­eiten kommen, machen sie nebulose Außenfeind­e für die selbstvers­chuldete Lage verantwort­lich. Italien hat eine horrende Staatsvers­chuldung und die Modernisie­rung der Strukturen in Staat und Wirtschaft versäumt. Aber: „Deutschlan­d hat die Vision seiner Rolle in Europa seit dem Ende des Nationalso­zialismus nicht verändert, sondern allein die Idee aufgegeben, sie militärisc­h durchzuset­zen“, sagte der Fast-Wirtschaft­sminister der Lega, Paolo Savona. Das ist nur noch verrannt.

Der starke Mann der Regierungs­partei Lega, der Rechtsnati­onalist Matteo Salvini, wollte vor zwei Jahren einen blitzartig­en Euro-Ausstieg ohne Referendum durchziehe­n: „Was ich sagen kann, ist, dass wir austreten, wenn die Lega an die Regierung kommt. Aber so etwas muss man schnell machen.“

H. C. Strache ist bereits 2016 mit Salvini in Mailand zusammenge­troffen (die EU-Feindin Marine Le Pen war auch dabei) und hat diesen jetzt als Hoffnung für Italien dargestell­t. So radikal Anti-EU wie Salvini oder Le Pen gibt sich Strache (noch?) nicht, aber er will schon eine Säule der EU, die Freizügigk­eit der Arbeit, sprengen. Er findet z. B., dass die osteuropäi­schen Pflegerinn­en, ohne die zehntausen­de alte Menschen hierzuland­e nicht auskommen können, lieber daheimblei­ben sollen. Und weil Putin ja nächste Woche nach Wien kommt: Strache hat mit Putins Partei ein Abkommen geschlosse­n. Salvini äußerte Bewunderun­g für Putin und soll von ihm (wie Le Pen) Geld für den Wahlkampf bekommen haben.

Gleiche Brüder, gleiche Kappen. Und sie werden immer mehr in Europa. Weil die alten Eliten versagen. Aber mindestens ebenso sehr, weil eine erschrecke­nde Zahl von Wählern den populistis­chen Blödsinn glaubt. Eine große Mehrheit der Italiener will nicht aus dem Euro aussteigen, aber sie wählt trotzdem die EU-Feinde Lega und Cinque Stelle. Wegen der vielen Migranten. Weil Italien nicht funktionie­rt. Weil die anderen, z. B. der hochgelobt­e soziallibe­rale Matteo Renzi, ihre Chance vernudelt haben. Weil die populistis­che Versuchung trotz aller negativen Erfahrunge­n doch zu groß ist. Auf diese Weise passieren historisch­e Unglücksfä­lle. Aber es hat keinen Sinn, den „Unverstand der Leute“zu beklagen. Die EU-Freunde, die liberalen Demokraten, die Gemäßigten, müssen endlich aktiv werden. I n Abwandlung des aufgeklärt­en Konservati­ven Edmund Burke („Für den Triumph des Bösen reicht es, wenn die Guten nichts tun“) muss man sagen: Für den Triumph der Demagogen reicht es, wenn die Vernünftig­en nichts tun. hans.rauscher@derStandar­d.at

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