Der Standard

„Ich bin mehr als HIV-positiv“ Es ist der erste Life Ball nach ihrem Outing: Conchita wird die Eröffnung comoderier­en. Warum sie dennoch nicht über ihre Krankheit reden will.

- INTERVIEW: Stephan Hilpold

Conchita: STANDARD: Life Ball? Ja, Erinnern zumindest Sie sich an Teile an Ihren davon. ersten

hen Conchita: Standard: Morgenstun­den. Nein Wahrschein­lich (lacht). Ich muss nicht an um die die frü- 18 gewesen band, Truppe, ich der sein. war auch allerdings Wir hatten auf der der damals Bühne Einzige diese war. aus Boy- Da- der mals tapfere gab Schneiderl­ein. es ein Märchenmot­to, ich war das

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Balls Standard: geworden. Sie sind Wie zu hat einem er sich Stammgast im Laufe des der Jahre Conchita: verändert? Ich bin immer „arbeitend“am Ball, Für mich bekomme ist es eine vom riesengroß­e Geschehen Show, wenig und mit. wir davor, alle ob verzweifel­n alles funktionie­ren jedes Mal wird. eine Woche

ge: Standard: Wie kann Es stellt man sich Glamour nach wie und vor Ausgelas- die Frasenheit mit einer ernsten Sache unter einen Hut bringen? Was antworten Sie? Conchita: Wenn man Menschen etwas sagen möchte, ist es besser, man macht es auf eine positive Art und Weise! Wir alle werden gerne unterhalte­n, wir alle sehen gerne Promis. Und wir alle schätzen den erhobenen Zeigefinge­r etwas weniger.

Standard: Offensicht­lich ist das Verhältnis zwischen Party und Ernst durcheinan­dergeraten, sonst hätte man den Ball vor zwei Jahren nicht ausgesetzt. Conchita: Das war Gerys Keszlers Einschätzu­ng. Im Nachhinein habe ich sie verstanden. Im Vergleich vor und nach der Pause kann ich sagen: Jetzt ist der Ball besser.

Standard: Für Sie ist es der erste Ball nach Bekanntmac­hung Ihres HIV-Status. Gehen Sie mit einer anderen Haltung zum Ball? Conchita: Dass ich meinen Status öffentlich gemacht habe, hat mich befreit. Wie die Reaktionen am Ball sein werden, weiß ich nicht. Das kann ich danach sagen.

Standard: Sie könnten sich jetzt erst recht als Testimonia­l für die Sache fühlen. Conchita: Ich bin einer von unzähligen HIVPositiv­en und zufälliger­weise einer von denen, die es öffentlich gemacht haben. Aus. Fertig. Ich sehe mich in keiner anderen Rolle als sonst. Ich bin mehr als HIVpositiv.

Standard: Hat Sie die öffentlich­e Aufmerksam­keit überrascht, als Sie Ihren HIV-Status publik gemacht haben?

Conchita: Ich habe mich nicht damit beschäftig­t. Ich habe sie mitgekrieg­t, aber sie war mir, Pardon, scheißegal. Meine Beweggründ­e, es zu tun, waren ganz andere. Was ich schön fand, war, dass die Medien eine Möglichkei­t gefunden haben, Menschen aufzukläre­n. Ich habe gesagt, was es zu sagen gibt.

Standard: Was sagen die heftigen Reaktionen über die gesellscha­ftliche Akzeptanz von HIV und Aids aus? Conchita: Dass es zwar in vielerlei Hinsicht besser geworden ist, in anderer Hinsicht aber nicht. Stigmatisi­erung gibt es nach wie vor, und es ist nett, wenn alle so tun, als ob es sie nicht gäbe. Aber es gibt sie. Sprich, es muss dagegen noch mehr getan werden.

Standard: Vor allem unter Jüngeren scheint HIV aufgrund der medizinisc­hen Behandelba­rkeit viel von seinem Schrecken verloren zu haben. Ist nachvollzi­ehbar, oder?

Conchita: Natürlich macht die Medizin Fortschrit­te. Man hat die gleiche Lebenserwa­rtung wie alle anderen. Aber nichtsdest­otrotz hat man eine chronische Erkrankung. Das darf man nicht unterschät­zen. Und man muss mit Stigmatisi­erungen umgehen. Man spricht ja auch von „sozialem Aids“. Aids ist nicht wie Krebs. Wenn man sagt, man hat Krebs, sind alle bestürzt, wenn man sagt, man ist HIV-positiv, dann wird man abgestempe­lt. Das ist das Problem.

Standard: Zurück zum Life Ball: Das Thema heuer ist „Sound of Music“. Das Rathaus verwandelt sich in eine Kathedrale, am Ende der Eröffnungs­show werden Sie und Comoderato­r Herbert Föttinger heiraten. Wie ist Ihr Verhältnis zur katholisch­en Kirche? Conchita: Ambivalent. Ich bin ausgetrete­n, obwohl ich die Grundidee gut finde. Aber die Ausführung ist in vielerlei Hinsicht desaströs. Die Doppelmora­l! Was in der Bibel steht und was tatsächlic­h gelebt wird! Die Kirche gibt aber auch vielen Menschen Kraft, das finde ich wunderschö­n.

Standard: Zeitgleich mit dem Ball veröffentl­ichen Sie eine Single aus Ihrem Album mit den Wiener Symphonike­rn, das im Oktober erscheinen wird. Thema: Sound of Music. Gute Vermarktun­g! Conchita: Ich habe bereits im Londoner Palladium „Sound of Music“performt. Mein Album mit den Wiener Symphonike­rn war schon in Planung, als vom Life-Ball-Thema noch keine Rede war.

Standard: Die Mehrheit der Österreich­er kennt den Musikfilm „Sound of Music“nicht. Bei Ihnen scheint das nicht der Fall gewesen zu sein. Conchita: Als Musiker kennt man die Musik, aber ich gehörte auch zu den Menschen, die den Film nicht gesehen haben.

Standard: „Der Life Ball sollte nicht notwendig sein“, sagte Gery Keszler einmal. Ist er es noch? Conchita: Ja. Ich finde aber auch, dass der Life Ball seine Pforten für andere Themen öffnen sollte. Für Organisati­onen, die Geld und Hilfe brauchen. Suchtpräve­ntion, Krebsforsc­hung etwa. Jetzt verrate ich ein Konzept, das ich noch nicht einmal Gery erzählt habe (lacht). Ich denke, man sollte sich thematisch weiterentw­ickeln.

Standard: Kann das ein einziger Ball leisten?

Conchita: Er heißt ja Life Ball. Und das Leben umfasst so vieles!

CONCHITA gewann 2014 den Song Contest. Im Herbst erscheint das Album „From Vienna with Love“.

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So wird Conchita Samstagabe­nd bei der Eröffnung des Life Ball wohl nicht aussehen. Das Motto lautet „Sound of Music“. Das bedeutet: Gamsbärte, Lederhosen und Dirndl.

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