Arbeitslosigkeit und Pflege größte Sorgen der Österreicher
Umfrage zeigt Zweifel an den Mindeststandards sozialer Absicherung
Linz – 85 Prozent der österreichischen Wahlberechtigten sehen ältere Menschen auf Arbeitssuche schlecht versorgt, 55 Prozent glauben das auch von Langzeitarbeitslosen. 58 Prozent sehen sich selbst für den Fall schlecht versorgt, dass sie zum Pflegefall werden – ebenso befürchten 54 Prozent der Befragten eine schlechte Versorgung, wenn ein Angehöriger pflegebedürftig würde.
Das geht aus einer Market-Umfrage hervor, die der STANDARD im Frühjahr – vor Beginn der türkisblauen Reformprogramme – hat durchführen lassen. Sie zeigt, dass schon derzeit, vor Reformen bei der Mindestsicherung, ein gewisses Unbehagen bezüglich der Ab- sicherung vor Lebensrisiken und der Wahrung von Lebenschancen besteht.
So befürchten auch 66 Prozent, dass es Probleme gäbe, wenn man schnell eine Mietwohnung brauchen würde. Dagegen glauben 60 Prozent, dass man gut versorgt wird, wenn man ein Haus bauen oder eine Eigentumswohnung kaufen will – was ein stabiles Einkommen oder zumindest eine kleine finanzielle Reserve voraussetzt.
In den klassischen Feldern der Sozialversicherung sieht die Mehrheit eine gute Absicherung: 54 Prozent bekunden das im Fall von schwerer Krankheit, 57 Prozent für die Pension und 65 Prozent für Arbeitsunfälle. (red)
Wer Kinder in die Welt setzen möchte, hat es in Österreich gut – 76 Prozent der Wahlberechtigten sind der Meinung, dass man da in Österreich gut versorgt wäre, 61 Prozent sehen auch eine gute Versorgung von Mehrkindfamilien. Aber wehe, man bräuchte dann dringend eine Mietwohnung: Da sagen 66 Prozent, dass es da weniger gut aussieht; nur 34 Prozent, darunter auffallend viele ÖVP-Wähler, meinen, dass man da gut versorgt wäre.
Nur in einem Punkt machen sich die Österreicherinnen und Österreicher noch größere Sorgen: „Wenn man als älterer Mensch einen Arbeitsplatz sucht“, ist man in den Augen von 85 Prozent arm dran.
Das geht aus einer aktuellen Umfrage des Linzer Market-Instituts hervor, das für den Standard zu Beginn der türkis-blauen Regierungsperiode erhoben hat, wie die Österreicher verschiedene Lebenssituationen in unserem Land einschätzen – bevor die Regierungsmehrheit aus ÖVP und FPÖ ihr Reformwerk angegangen ist.
Market-Institutsleiter David Pfarrhofer sagt dazu: „Es ist auffallend, dass die Befragten die von uns abgefragten Situationen sehr gut einschätzen können – wenn 60 Prozent sagen, dass es leicht wäre, für die Kinder eine gute Schule zu finden, dann sagen auch genau 40 Prozent, dass das eher weniger gut gelingen würde, da flüchtet keiner zu Antworten wie ‚ Das weiß ich nicht‘.“Um beim Beispiel der Schule zu bleiben: Diese Frage polarisiert relativ stark in der Ostregion, wo die Hälfte der Befragten eine weniger gute Versorgung sieht, während die Einschätzung im Westen 70 zu 30 positiv ausfällt.
Sorgen der Freiheitlichen
58 Prozent der Befragten sagen, dass man weniger gut versorgt ist, wenn man in Österreich zum Pflegefall wird – es besteht hier kaum ein Unterschied zu den 54 Prozent, die beim Auftreten eines Pflegefalls in der Familie eine Unterversorgung sehen. Die größten Sorgen machen sich in beiden Szenarien die Menschen zwischen 30 und 49 Jahren sowie die Wähler der Freiheitlichen.
Pfarrhofer: „In diesem Punkt sieht man einen deutlichen Unterschied zu der Einschätzung, die in der ÖVP-Anhängerschaft vorherrscht – die macht sich nämlich viel weniger Sorgen als die Anhänger ihres Koalitionspartners.“
Ähnlich ist es in der Frage, wie es einem ergehen könnte, wenn man Verbrechensopfer wird: Auch hier machen sich erklärte FPÖ-Wähler (und in etwas geringerem Maße SPÖ-Wähler) viel mehr Sorgen als ÖVP-Wähler. Außerdem nimmt die Sorge mit dem Lebensalter deutlich zu. Ganz ähnlich gelagert sind die Sorgen, die Menschen haben, wenn sie sich bedroht fühlen.
Die SPÖ-Anhänger machen sich – deutlich stärker als die Anhänger der Koalitionsparteien, die in diesem Bereich mehrheitlich keine großen Probleme sehen – besondere Sorgen um die Betreuung kleiner Kinder. Hier sehen vor allem jüngere Befragte Defizite.
Und wo wird die beste Versorgung gesehen? Mit Weiterbildung sehen 79 Prozent das Land gut ver- sorgt. 71 Prozent glauben, dass man gut dran ist, wenn man einen Kredit braucht – wobei es hier kaum Unterschiede in den Altersund Einkommensgruppen sowie in den Parteiwählerschaften gibt.
Zwei Drittel meinen, dass man gut vertreten ist, wenn man Probleme mit dem Arbeitgeber bekommt, ebenso viele sehen eine gute Versorgung bei Arbeitsunfällen. Und auch die Pensionen machen nur einer Minderheit von 43 Prozent Sorgen – Jüngeren deutlich häufiger als Senioren.