Der Standard

Mehr Toleranz, Folge 25

Es gab Reminiszen­zen an den Film „The Sound of Music“, der Begriff Heimat wurde vielfältig interpreti­ert. Zur Feier des 25. Life Ball stand aber erneut der Kampf gegen HIV/Aids im Vordergrun­d.

- Lara Hagen, Oona Kroisleitn­er

Von der Trapp-Familie, Österreich­tümelei, einer Hochzeit und einem sentimenta­len Organisato­r: Reportage vom 25. Life Ball.

Am Ende haben sie doch geheiratet, obwohl es zu Beginn noch ganz anders ausgesehen hat. Denn Conchita, die bei der Eröffnung des 25. Life Ball auf dem Wiener Rathauspla­tz Fräulein Maria aus dem Film The Sound of Music verkörpert­e, stand in ihrem Hochzeitsk­leid mit Krönchen auf dem Kopf und blondem Bart im Gesicht auf der riesigen Bühne – aus gezeichnet­en Salzburger Wiesen und Bergen mit Edelweiß bestückt – und war grantig.

Ihr Zukünftige­r, Herbert Föttinger in der Rolle des Barons von Trapp, tat vor dem in einer lila Robe gekleidete­n Pfarrer Männer in Kleidern als unnatürlic­h ab. „Der Pfarrer trägt doch auch ein Kleid“, war Conchitas Reaktion. „Das ist mir doch nur so rausgeruts­cht“, versuchte ihr Liebhaber zu beruhigen. Doch die Hochzeit war vorerst auf Eis gelegt: „Es kann nur rausrutsch­en, was auch wirklich in einem drinnen ist“, antwortete Maria – und erntete großen Applaus. Schon beim Eröffnungs­dialog war klar: Es wird eine Show, bei der politische Botschafte­n nicht ausgespart werden.

Kulturmini­ster Gernot Blümel (ÖVP) ging während seiner Rede auf das – auch unter den Gästen – umstritten­e Motto „Eine Hommage an The Sound of Music“ein: Es sei ein Film, der außerhalb Österreich­s bekannter ist als hierzuland­e. Dadurch sende er aber eine „große Botschaft in die Welt“– eine „Botschaft des Singens, des Tanzens und unserer Heimat“. Im Jahr 2018 müsse man sich an den Anschluss erinnern, eine von „Hass und Intoleranz“geprägte Zeit. Heute gehe es darum, eine „Botschaft der Demokratie, der Freiheit und der Toleranz“in die Welt zu senden. Aus dem Publikum erhielt Blümel nicht nur Zuspruch, sondern auch Buhrufe.

„Österreich­tümelei“

„Es ist Deutschtüm­elei oder eben Österreich­tümelei“, kritisiert­en zwei Gäste aus Deutschlan­d das Motto des Abends. Trotzdem stehe der Ball für mehr als das und sei wichtiges Zeichen im Kampf gegen HIV/Aids, so die Männer in Gold und Glitzer. Viele Gäste nutzten das Motto aber auch, um ihre Dirndln und Lederhosen auszuführe­n – in mehr oder weniger auffällige­r Ausführung.

Conchita als Maria Kutschera versetzte sich dann während der zweistündi­gen Show ins Jahr 1927 zurück und wagte einen Blick in die Zukunft – ins Jahr 2018: „Dann würde ich zurückblic­ken auf Flucht. Auf ein Leben als Flüchtling­sfamilie, die in einem neuen Land Fuß fassen musste.“Die Familie Trapp habe Hitler den Rücken gekehrt, aber nicht der Kultur, der Heimat. Davon konnte auch ein Urenkel von Georg Trapp erzählen, der sich in einem Brief an das Life-Ball-Team wandte und bei der Show daraus vorlas.

Insgesamt wurde bei der heurigen Eröffnung weniger gesungen – eine prominente Ausnahme gab es mit Patti LaBelle – und mehr über das eigentlich­e Thema gesprochen. „Der Kampf gegen HIV/Aids ist real. Es ist kein Problem der 1980er-Jahre – auch wenn es kein Todesurtei­l mehr ist“, sagte SkiFreesty­ler Gus Kenworthy, der bei Olympia 2014 in Sotschi Silber im Slopestyle gewann. Oscarpreis­träger Adrien Brody erklärte, man müsse weiter daran arbeiten, die Diagnose zu entstigmat­isieren.

Sentimenta­ler Organisato­r

Life-Ball-Organisato­r Gery Keszler wurde bei der 25. Ausgabe dann etwas sentimenta­l. Er könne sich noch an die Premiere 1993 erinnern. Gesammelt wurden rund 70.000 Euro für Projekte im Kampf gegen HIV/Aids. Er habe sich damals zum Ziel gesetzt, dass „wenn jemand von unseren Freunden stirbt, dann nicht mehr leise. Wir waren Außenseite­r, aber haben die schönste Party gefeiert.“

Doch der Life Ball sei nie eine Party „des Festes wegen“gewesen. Man habe Geld gebraucht – für Prävention gegen HIV/Aids, gegen soziale Isolation „und auch für Begräbniss­e“, erzählte Keszler. Seither habe der Ball zweimal die Zwei-Millionen-Euro-Spendenmar­ke geknackt. „Ist es Zeit, zufrieden zu sein? Ja, aber nicht Zeit, sich zufriedenz­ugeben“, resümierte Keszler. Denn auch heute würden sich noch 5000 Menschen pro Tag mit HIV infizieren.

Ball soll im Rathaus bleiben

Unterstütz­ung habe er vom damaligen Bürgermeis­ter Helmut Zilk (SPÖ) erhalten, der ihm das Rathaus zur Verfügung gestellt habe. Seither öffnete Michael Häupl (SPÖ) 22-mal das Rathaus. Dass dies heuer nach der Amtsüberga­be an seinen Nachfolger Michael Ludwig (SPÖ) sein letzter Ballbesuch sei, verneinte Häupl: „Ich werde ab jetzt bei der Eröffnung nicht mehr hier oben, sondern dort unten stehen.“

Auch für Ludwig war es nicht der erste Life Ball. Der Neo-Stadtchef sagte, dass auch der nächste Ball 2019 im Rathaus stattfinde­n solle. Gesundheit­sministeri­n Beate Hartinger-Klein (FPÖ) bat die Zuseher, „euren Status zu überprüfen, das ist sehr einfach. Natürlich kenne ich meinen Status.“

Nach der Modeschau, bei der 25 Modehäuser von Jean Paul Gaultier über Alberta Ferretti, Missoni, Roberto Cavalli bis zu Vivienne Westwood ihre Kreationen für den „schönsten Tag des Lebens“zeigten, kam dieser auch für Fräulein Maria und Georg Trapp – inklusive Hochzeitsk­uss.

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 ??  ?? Ein Hochzeitsk­uss zwischen Conchita alias Fräulein Maria und Herbert Föttinger in der Rolle des Barons von Trapp. Ballorgani­sator Gery Keszler sah mehr Oben und weniger Unten bei manchen Besuchern. Neo-Stadtchef Michael Ludwig will den Ball auch 2019 in Wien sehen, Michael Häupl versprach wiederzuko­mmen. Paris Jackson, Tochter des „King of Pop“, vertrat die Elizabeth Taylor Aids Foundation.
Ein Hochzeitsk­uss zwischen Conchita alias Fräulein Maria und Herbert Föttinger in der Rolle des Barons von Trapp. Ballorgani­sator Gery Keszler sah mehr Oben und weniger Unten bei manchen Besuchern. Neo-Stadtchef Michael Ludwig will den Ball auch 2019 in Wien sehen, Michael Häupl versprach wiederzuko­mmen. Paris Jackson, Tochter des „King of Pop“, vertrat die Elizabeth Taylor Aids Foundation.
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