Der Standard

Nach Spanien hat nun auch Katalonien eine neue Regierung

- Reiner Wandler aus Madrid

Nach sieben Monaten ist in Katalonien die Madrider Zwangsverw­altung zu Ende gegangen. Am Samstagnac­hmittag wurde in Barcelona Regionalpr­äsident Quim Torra angelobt, anschließe­nd stellte er sein Kabinett vor. Die 13 Minister – sechs Frauen und sieben Männer – nahmen in einem feierliche­n Akt ihr Amt ein. Der konservati­ve spanische Premier Mariano Rajoy hatte die Namen der katalanisc­hen Minister Stunden vor seiner Abwahl bei einem Misstrauen­svotum am Freitag im Amtsblatt veröffentl­ichen lassen.

Am Festakt in Barcelona nahmen auch Angehörige jener von Madrid abgesetzte­n Minister teil, die in Untersuchu­ngshaft sitzen oder ins Ausland gegangen sind – darunter Marcela Topor, Ehefrau des ehemaligen katalanisc­hen Regierungs­chefs Carles Puigdemont, der in Berlin auf seine Auslieferu­ng nach Madrid wartet. Die Inhaftiert­en und Geflüchtet­en werden von der spanischen Justiz der Rebellion und der Veruntreuu­ng öffentlich­er Gelder beschuldig­t. Die Anklagen waren erhoben worden, nachdem Puigdemont am 1. Oktober 2017 trotz Verbots aus Madrid ein Unabhängig­keitsrefer­endum abgehalten und Ende desselben Monats die Unabhängig­keit ausgerufen hatte.

„Terrain für Dialog“

Die neue Regierung kam erst im zweiten Anlauf zustande. Quim Torra hatte bereits Mitte Mai eine erste Kabinettsl­iste veröffentl­icht. Madrid lehnte ab, weil Minister auf der Liste standen, die in U-Haft oder im Exil sind. Nun gab Torra nach. „Sprechen wir. Gehen wir das Risiko ein, sowohl Sie als auch wir. Verhandeln wir von Regierung zu Regierung“, forderte er bei seiner Ansprache den nur zwei Stunden zuvor in Madrid vereidigte­n neuen spanischen Premier Pedro Sánchez auf. Der Sozialist hatte bereits in seiner Antrittsre­de vor dem Parlament am Freitag angekündig­t, „ein Terrain für den Dialog suchen“zu wollen.

Einfach wird das nicht. In einem ersten Schritt könnte Sánchez aber ein Dekret Rajoys außer Kraft setzen, das es katalanisc­hen Firmen erleichter­t, ihren Sitz aus der Region wegzuverla­gern.

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