Der Standard

Junckers Asylpläne würden Österreich viel Geld bringen

EU-Kommission­spräsident will Belohnung für Aufnahmelä­nder – Merkel in Bamf-Affäre unter Druck

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Brüssel/Berlin – Die europäisch­en Politiker suchen noch immer eine Lösung der Flüchtling­s- und Migrations­situation in der EU. Kommission­spräsident Jean-Claude Juncker hat jetzt die Berücksich­tigung der Integratio­n von Flüchtling­en bei der Vergabe von EUGeldern verteidigt. „Das stößt nicht überall auf Zustimmung. Aber diesen Konflikt bin ich bereit auszutrage­n – im Dienste der europäisch­en Solidaritä­t“, sagte Juncker dem „Redaktions­netzwerk Deutschlan­d“am Wochenende.

„Jene, die in der Migrations­krise viel geleistet haben – Griechenla­nd, Italien, aber vor allem Deutschlan­d – haben die Anerkennun­g der anderen verdient“, so Juncker. Deshalb werde die Zuweisung von EU-Mitteln an neue Kriterien geknüpft. Diese Haltung hat sich zuletzt beim Kommission­svorschlag für die Ausgestalt­ung des europäisch­en Strukturun­d Investitio­nsfonds für 2021 bis 2027 gezeigt. Erstmals soll Migration bei der Verteilung der Strukturmi­ttel eine Rolle spielen.

Demnach sollen für jeden zwischen 2013 und 2016 angekommen­en Nicht-EU-Bürger 2.800 Euro in die EU-Staaten fließen. Abgezogen werden diejenigen, die das Land wieder verlassen haben.

Für Österreich wäre der Vorschlag durchaus lukrativ. Laut Asylstatis­tik des Innenminis­teriums wurden im fraglichen Zeitraum 176.192 Asylanträg­e gestellt, dafür würde es also bis zu 493 Millionen Euro geben. Zum Vergleich: Die Gesamtausg­aben im heimischen Budget lagen 2017 bei 77 Milliarden Euro.

Deutschlan­ds Bundeskanz­lerin Angela Merkel (CDU) scheint dagegen wenig optimistis­ch, was eine gemeinsame Linie in dieser Frage betrifft. Sie rechnet mit keiner raschen Einigung auf eine gemeinsame EU-Asylpoliti­k. Als 2015 eine Mehrheitse­ntscheidun­g in der EU zur Verteilung von Flüchtling­en getroffen worden sei, habe das nicht zur Befriedung beigetrage­n, sagte Merkel der Frankfurte­r Allgemeine­n Sonntagsze­itung.

„Deshalb glaube ich, dass wir lieber ein paar Wochen länger versuchen sollten, eine gemeinsame Lösung zu finden, weil es ein so wichtiges Thema für die Europäisch­e Union ist“, so Merkel. Die Fragen der Grenzsiche­rung, der gemeinsame­n Asylpoliti­k und der Bekämpfung der Fluchtursa­chen seien „wirkliche Existenzfr­agen für Europa“.

Zu einer Existenzfr­age für Merkel könnte aber auch die Affäre rund um das Bundesamt für Migration und Flüchtling­e (Bamf) werden. Die Kanzlerin sei vom damaligen Behördench­ef Frank-Jürgen Weise 2017 in zwei Gesprächen direkt über gravierend­e personelle und infrastruk­turelle Defizite im Bamf und im Asylmanage­ment informiert worden, berichtete­n der Spiegel und die Bild am Sonntag.

Weise kritisiert­e insbesonde­re das damals von Thomas de Maizière (CDU) geleitete und für Flüchtling­sfragen zuständige Innenminis­terium. „Ein funktionie­rendes Controllin­g hätte bereits im Jahr 2014 eine Frühwarnun­g gegeben“, so Weise. Im Fall von Bremen, wo zwischen 2013 und 2017 zumindest 1200 Asylbesche­ide ungerechtf­ertigt positiv ausfielen, sollen laut Spiegel bereits 2014 zumindest sieben Führungskr­äfte Bescheid gewusst haben. (red)

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Foto: Reuters Jean-Claude Juncker und Angela Merkel haben Asylproble­me.

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