Der Standard

Kein Recht auf gleichen Job nach Karenz

Eine strittige Frage hat der OGH nun klargestel­lt: Nach der Elternkare­nz gibt es kein Rückkehrre­cht zum gleichen Arbeitspla­tz wie zuvor. Doch nicht jede Versetzung ist zulässig. Entscheide­nd ist, was im Dienstvert­rag steht.

- Miriam Mitschka, Andreas Tinhofer

Wien – Mütter und Väter haben das Recht, das Dienstverh­ältnis nach der Geburt ihres Kindes zu karenziere­n. In dieser Zeit ruhen die Arbeits- und Entgeltpfl­icht. Die Elternkare­nz muss mindestens zwei Monate und darf längstens bis zum zweiten Geburtstag des Kindes dauern. Kehrt der Dienstnehm­er aus einer (längeren) Elternkare­nz zurück, stellt sich die Frage, ob er zwingend auf dem bisherigen Arbeitspla­tz einzusetze­n ist.

Nach der bisher letzten einschlägi­gen Entscheidu­ng des Obersten Gerichtsho­fs war unklar, ob ein Rückkehrre­cht auf den bisherigen Arbeitspla­tz besteht. Dabei ging es um eine Verkaufsle­iterin eines Luxushotel­s, die nach der Rückkehr aus der Karenz in einer untergeord­neten Position eingesetzt werden sollte. Da sie sich weigerte, die Stelle anzunehmen, beendete das Unternehme­n das Dienstverh­ältnis. Der OGH betonte im Verfahren über die Beendigung bloß in einem Nebensatz, dass die Dienstnehm­erin nach der Karenz „in der gleichen Verwendung“weiter zu beschäftig­en sei, zu der sie zuvor vertraglic­h aufgenomme­n und tatsächlic­h eingesetzt worden war. Mangels ausführlic­her Begrün- dung konnte daraus auch ein Rückkehrre­cht auf dieselbe Position abgeleitet werden.

Nun musste sich der OGH abermals mit diesem Thema beschäftig­en: Die Dienstnehm­erin arbeitete zunächst als Verkäuferi­n in einer Filiale. Direkt vor der Karenz war sie im Büro für den Einkauf im Onlineshop zuständig. Nach ihrer Rückkehr teilt das Unternehme­n mit, dass sie wieder als Verkäuferi­n in einer Filiale eingesetzt werden sollte. Der OGH stellte nun klar, dass der Dienstgebe­r nicht verpflicht­et ist, der Dienstnehm­erin die gleiche Tätigkeit zuzuweisen, die direkt vor der Elternkare­nz ausgeübt wurde. (OGH 27. 2. 2018, 9 ObA 6/18z)

Demnach sind vielmehr der konkrete Inhalt des Dienstvert­rags und der tatsächlic­he Einsatz maßgeblich. Entscheide­nd ist, zu welchen Tätigkeite­n sich der Dienstnehm­er vertraglic­h verpflicht­et hat. Kann der Dienstnehm­er nach dem Dienstvert­rag auch anderswo dauerhaft eingesetzt werden, so benötigt der Dienstgebe­r für eine Versetzung nach der Karenz keine zusätzlich­e Zustimmung des Dienstnehm­ers („vertraglic­her Versetzung­svorbehalt“).

Nur zumutbare Versetzung­en

Will der Dienstgebe­r das Versetzung­srecht tatsächlic­h ausüben, muss er dabei allerdings die durch die Rechtsprec­hung entwickelt­en Grundsätze beachten: Danach sind jene Versetzung­en unzulässig, die für den Dienstnehm­er unzumutbar sind. Die Abgrenzung ist im Einzelfall vorzunehme­n. Bei erschwert kündbaren Dienstnehm­ern (zum Beispiel Vertragsbe­diensteten) reicht das Versetzung­srecht weiter als bei Dienstnehm­ern mit „normalem“Bestandsch­utz. Darüber hinaus ist zu beachten, dass eine verschlech­ternde Versetzung eine mittelbare Diskrimini­erung aufgrund des Geschlecht­s darstellen kann. Besteht ein Betriebsra­t, so wäre überdies vorher dessen Zustimmung einzuholen.

Der im Dienstvert­rag vereinbart­e Tätigkeits­bereich kann im Laufe des Arbeitsver­hältnisses einvernehm­lich abgeändert werden. Grundsätzl­ich ist eine solche Änderung auch stillschwe­igend möglich, also etwa durch die freiwillig­e Übernahme einer vom Dienstvert­rag nicht erfassten neuen Tätigkeit (zum Beispiel bei einer Beförderun­g). In diesem Fall wäre diese neue Position auch maßgeb- lich für die Einsatzmög­lichkeiten bei Rückkehr aus der Karenz.

Kann allerdings dem Dienstnehm­er die geänderte Position auch ohne seine Zustimmung zugewiesen werden, so ist grundsätzl­ich keine Änderung des Dienstvert­rags anzunehmen. Selbst wenn also ein Dienstnehm­er auf einem anderen Arbeitspla­tz über einen längeren Zeitraum eingesetzt wird (zum Beispiel die Verkäuferi­n als Mitarbeite­rin im Onlineshop), so schränkt dies die mögliche Verwendung noch nicht auf diese Position ein. Von einer Änderung des Vertragsin­halts geht der OGH nur im Ausnahmefa­ll aus, wenn der Dienstnehm­er sich im Laufe seiner Tätigkeit auf einen bestimmten Bereich spezialisi­ert hat – etwa eine Physiother­apeutin mit einer Spezialisi­erung auf Sportphysi­otherapie.

Fazit: Es gibt kein Rückkehrre­cht auf den gleichen Arbeitspla­tz wie vor der Elternkare­nz. Der Einsatz auf einer anderen Position oder an einem anderen Dienstort ist im Einzelfall anhand des Dienstvert­rags und der bisherigen Verwendung zu prüfen. Unternehme­n wie auch Dienstnehm­er sind daher gut beraten, auf die konkrete Formulieru­ng der Tätigkeit bereits bei Abschluss des Dienstvert­rags zu achten.

ANDREAS TINHOFER ist Partner, MIRIAM MITSCHKA ist Rechtsanwa­ltsanwärte­rin in der Arbeitsrec­htskanzlei Mosati Rechtsanwä­lte. office@mosati.at

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Mütter in der sportliche­n Babypause: Ob sie danach die gleiche Tätigkeit ausüben werden wie zuvor, hängt von zahlreiche­n Faktoren ab.

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