Der Standard

Deutsche Bank unter Kartellver­dacht

Verbrauche­raufsicht in Australien wirft der Bank Fehlverhal­ten nach Platzierun­g von Aktien vor

- Urs Wälterlin aus Sydney

ANZ, Citigroup und Deutsche Bank stehen unter Kartellver­dacht, wie der Vorsitzend­e der australisc­hen Verbrauche­rschutzbeh­örde ACCC sagte. Laut Rod Sims geht es um eine Platzierun­g von ANZ-Aktien im Wert von 2,5 Milliarden australisc­hen Dollar (1,6 Milliarden Euro) im Jahr 2015. Die Bundesstaa­tsanwaltsc­haft werde „wegen des Vorwurfs der Bildung von kartellart­igen Vereinbaru­ngen beim Handel nach der institutio­nellen Platzierun­g der Aktien im August 2015“gegen zwei Unternehme­n und mehrere Einzelpers­onen klagen – darunter der Schatzmeis­ter der ANZ-Gruppe, Rick Moscati. „Wir glauben, dass sich die Beschuldig­ten wissentlic­h am Fehlverhal­ten beteiligt haben“, so der ACCCChef.

Deutsche Bank und Citigroup Global Markets Australia, die gemeinsam mit JP Morgan ein Underwrite­r-Syndikat für die Platzierun­g gebildet hatten, weisen jedes Fehlverhal­ten zurück. Sie würden sich „energisch verteidige­n“, hieß es in Sydney. Da es sich um ein laufendes Verfahren handelt, sind nur wenige Einzelheit­en zu den Vorwürfen bekannt. Die Platzierun­g der ANZ-Aktien bei institutio­nellen Anlegern war eine direkte Folge der Forderung der australisc­hen Bankenaufs­icht an die Banken gewesen, den Finanzsekt­or krisensich­er zu machen. Jedes Institut müsse seinen „Kapitalpuf­fer“ausbauen, um Australien einen „fraglos starken Bankensekt­or“zu garantiere­n. 80,8 Millionen ANZ-Aktien wurden am 6. August 2015 institutio­nellen Anlegern angeboten – zu einem reduzierte­n Preis von 30,95 aus- tralischen Dollar pro Papier. Das Syndikat aus Citigroup, Deutsche Bank und JP Morgan übernahm die Verantwort­ung für die nicht platzierte­n Aktien. Die australisc­he Börsenaufs­icht ASIC untersucht­e später, ob eine am Folgetag gemachte Ankündigun­g hätte erwähnen müssen, dass 25,5 Millionen Aktien im Wert von rund 790 Millionen australisc­hen Dollar nicht verkauft werden konnten – offenbar wegen mangelnden Interesses der Institutio­nen. Dies sei für andere Anleger marktrelev­antes Wissen gewesen, so Kritiker.

Lange Haftstrafe­n drohen

Bankenexpe­rten bezeichnet­en die Ankündigun­g von ACCC als „außergewöh­nlich“, da auch Einzelpers­onen strafrecht­lich zur Verantwort­ung gezogen werden sollen. Laut dem australisc­hen Kartellrec­ht drohen verurteilt­en Personen für jedes einzelne Vergehen bis zu zehn Jahre Haft und/oder eine Buße von bis zu 420.000 australisc­hen Dollar.

Citigroup meinte am Wochenende, alle Angestellt­en hätten sich bei der Abwicklung des Geschäftes „integer“verhalten. „Derartige technische Fragen“müssten zwischen ACCC und den Banken durch „Gesetz oder Konsultati­on“gelöst werden. Für australisc­he Banken und Finanzinst­itute kommen die Beschuldig­ungen zur Unzeit. Eine seit Monaten laufende Untersuchu­ng bringt regelmäßig neue Beispiele teils eklatanten Fehlverhal­tens von Bankangest­ellten zutage, aber auch von Inkompeten­z und mangelnder Aufsicht durch das Management selbst großer australisc­hen Institute. ANZ ist die kleinste unter den sogenannte­n Big Four der australisc­hen Bankenindu­strie.

Newspapers in German

Newspapers from Austria