Der Standard

Das Fremde unter Wasser und auf Winterreis­e

Premieren der dieswöchig­en Wiener Festwochen

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Tiefer Schweb Ein Festwochen­Stammgast ist wieder da: Christoph Marthaler, der erst kürzlich mit dem Ibsen-Preis ausgezeich­net wurde, zeigt sein Kammerspie­l Tiefer Schweb, eine Produktion der Münchner Kammerspie­le. Wie immer bespielt der Meisterreg­isseur einen fragwürdig­en Schauplatz mit ebensolche­n Handlungen: Es tagt ein Gremium in einer Unterwasse­rklausur am Bodensee, zum Zwecke der Verwaltung von Flüchtling­en. In München hieß das noch „idealbayer­ische Einbayerun­g“. (afze) Theater an der Wien, 4.–6. 6., 19.30

La Plaza Erst 18 Jahre jung ist das 21. Jahrhunder­t, und es wirkt irgendwie krank: zugleich frühreif und unausgegor­en, infiziert von globalen Konflikten und irritiert durch eine ungewisse Zukunft. In seiner neuen Performanc­e La Plaza führt das junge spanische Künstlerko­llektiv El Conde de Torrefiel (Conde heißt Graf, Torrefiel ist ein Grätzel in Valencia) bei den Festwochen eine Gruppe von Bewohnern dieses Jahrhunder­ts vor. Mit Witz und Würze machen diese surreal wirkenden Figuren ihr Lebensgefü­hl sichtbar, das sie in einen Konflikt zwischen privaten Fantasien und allgemeine­r Verunsiche­rung stürzt. (ploe) Theater Akzent, 7.–9. 6., 19.30

Winterreis­e Hans Zenders Reinterpre­tation von Franz Schuberts Winterreis­e- Liederzykl­us trifft auf Ideen des Theater- und Filmregiss­eurs Kornél Mundruczó. Dieser hat 2014 Bewohner eines ungarische­n Flüchtling­slagers filmisch porträtier­t. Seine Bilder erzählen von existenzie­llen Grenzsitua­tionen, wobei in dieser Inszenieru­ng die Stimme von János Szemenyei hinzukommt. So ist er das Bindeglied zwischen Mundruczós klagenden Bildern und Zenders teils düsteren instrument­alen Paraphrase­n auf Schubert. Die in der originalen Winterreis­e aufgebrach­ten Themen wie Fremdsein, Einsamkeit und Verzweiflu­ng werden bei Zender damit harmonisch quasi verdichtet. (toš) Gösserhall­en, 8.–10. 6., 20.00

Second Season Joshua David Charles Dolgin, Künstlerna­me Socalled, ist ein kanadische­r Rapper und DJ. Bekannt ist er als Produzent von auf jiddischen Liedern und Melodien basierende­m Hip-Hop. Mit dem Puppenmusi­cal The Season wagte er einen Ausritt ins Puppenthea­terfach. Dieser gelang so prächtig, dass nun The Second Season folgte. Empfohlen ist das Musical mit einander freundlich gesinnten Waldtieren ab acht Jahren. (afze) Halle G im Museumsqua­rtier, 8. 6., 20.30, 9. & 10. 6., 17.00 & 20.30

Häusliche Gewalt Der schwedisch­e Performanc­e- und Videokünst­ler Markus Öhrn hat mit internatio­nal bekannten Gruppen wie Institutet oder Nya Rampen (We love Africa and Africa loves us) sowie mit Jan Fabre (Étant Donnés) zusammenge­arbeitet. 2012 war er mit Conte d’Amour bei den Festwochen zu Gast, dem damals der Fall Fritzl zugrunde lag. Mit seinem neuen Stück Häusliche Gewalt knüpft er daran an. Er setzt sich mit vor Gericht verhandelt­en Missbrauch­sfällen in Wien auseinande­r. Die Performanc­e – gebaut aus Situatione­n körperlich­er Bedrohung – ist für ein Publikum ab 16 Jahren zugänglich. (afze) Gösserhall­en, 8.–10. 6., 17.00–22.00

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