Der Standard

Listige Mützenrobb­e

- Michael Pekler

Der Blick ins Fernsehpro­gramm muss nicht deprimiere­nd sein. Immer wieder inspiriert er nämlich zum Griff ins Bücherrega­l. So etwa auch heute, Montag, Abend, wenn es gut versteckt einen Klassiker zu sehen gibt, der wohl als Einstimmun­g auf das in wenigen Tagen die Kinokonkur­renz niedertram­pelnde Monsterspe­ktakel Jurassic World zu betrachten ist.

Für die 1912 erschienen­e Vorlage für den Abenteuerf­ilm The Lost World (Arte, 0.15), dem bei seiner Premiere 1925 eine Aufmerksam­keit beschieden war, von der Jurassic World nur träumen kann, zeichnet ein Autor verantwort­lich, der es vor allem mit anderen Schriften zu Berühmthei­t gebracht hat: Arthur Ignatius Conan Doyle.

Woher der Schotte, Arzt und Schriftste­ller, der sich mit seinen Detektivge­schichten einen Namen machte, seine Inspiratio­n für dieses buchstäbli­ch fantastisc­he Werk bezog, lässt sich indes gut von seinen weniger bekannten Tagebuchei­nträgen als abenteuerl­ustiger Seemann ablesen.

Unter Dangerous Work: Diary of an Arctic Adventurer (mit dem treffenden deutschen Titel Heute dreimal ins Polarmeer gefallen versehen) erschienen Doyles Aufzeichnu­ngen seiner 1880 als Schiffsarz­t angetreten­en Reise an Bord des Walfängers Hope. Die grausame Jagd im Packeis war für den Medizinstu­denten nicht mehr als ein Abenteuer in einer fremden Welt, die sich für ihn als mindestens so „verloren“darstellte wie das südamerika­nische Hochplatea­u in The Lost World.

„Ich werde das Land“, schreibt Doyle am Ende, „wo ich den gerissenen Walfisch jagte und die arglistige Mützenrobb­e schoss, nie wieder sehen.“Er wird es aber Jahre später als verlorenes Faszinosum wieder zum Leben erwecken. pderStanda­rd. at/TV-Tagebuch

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