Der Standard

Es droht die untote Union

- Manuel Escher

Ein EU-Beamter, der sich vor drei Jahren in den Gängen einer Brüsseler Behörde verirrt hätte, wäre schockiert, wenn er nun wieder herausfänd­e. Vielleicht nicht darüber, noch einmal das Tageslicht zu sehen. Ganz sicher aber über die politische­n Entwicklun­gen. Die Briten sind weg, die Solidaritä­t scheint in den letzten Zügen zu liegen, und nicht nur rings um Österreich feiern Populisten mit „europakrit­ischen“Parolen Siegeszüge. Auch wenn derzeit kaum jemand offen vom Austritt spricht – die Werte der Kooperatio­n, des Vertrauens und der Gemeinscha­ft, auf denen die Union fußt, lehnen die meisten ab.

Die sofortige Sprengung steht der Gemeinscha­ft wohl trotzdem nicht ins Haus, zu groß ist ihr wirtschaft­licher Nutzen. Wohl aber droht ihr die Zombifizie­rung. Sie wäre dann eine andere EU, als politisch Untote nur noch auf wirtschaft­liche Zweckmäßig­keiten ausgericht­et. Das wäre nicht die Gemeinscha­ft, die sich die Gründervät­er erträumt hatten und die sie ins Leben riefen, um Frieden zu sichern. Es ist auch fraglich, wie lang ein solches Konstrukt hielte.

Das Problem ist: Das Dahinmoder­n ist bereits im Gange, und gerade davon profitiere­n die EU-Gegner. Wenn Brüssel schon jetzt nur als wirtschaft­licher Befehlsaus­geber wahrgenomm­en wird, hilft das den Feinden der Union erst recht. Das zu ändern würde Einsicht der großen EU-Staaten und der „Nettozahle­r“brauchen. Etwa dass Partnersta­aten nicht mit strenger Hand erzogen werden können.

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