Der Standard

KOPF DES TAGES

Orbáns slowenisch­er Bruder im Geiste

- Adelheid Wölfl

Er war ein Dissident, er kämpfte für Meinungsfr­eiheit und die Unabhängig­keit Sloweniens. Er war der erste Verteidigu­ngsministe­r des jungen Staates. Er gab nie auf. Er gilt als das Stehaufmän­nchen der slowenisch­en Politik. In Ljubljana kann sich kaum einer vorstellen, dass Janez Janša jemals die politische Bühne verlassen wird. Seit 1993 führt er bereits die SDS.

Wenn man ihm zuhört, möchte man meinen, dass Slowenien von Migranten überrannt wird und ein von verborgene­n, dunklen Kräften geführtes Land ist, durchsetzt von kommunisti­schen Seilschaft­en, die wiederum nichts anderes vorhaben, als ihn, den wahren Demokraten, zu verfolgen und einer einseitige­n Justiz auszuliefe­rn.

Doch nicht nur der 59-Jährige glaubt an diese Verschwöru­ng, er hat sich eine große Fangemeind­e aufgebaut, die seinen Theorien anhängt und ihn wie eine quasirelig­iöse Figur bewundert. Seine Partei, die SDS, driftete in den vergangene­n Jahren nicht nur immer weiter nach rechts, sie konzentrie­rte sich auch ganz auf seine Person.

Vor der Wahl am Sonntag agitierte der begeistert­e Skifahrer und Bergsteige­r nun gegen Migranten und ließ sich in dieser Rolle auch vom ungarische­n Premiermin­ister Viktor Orbán unter- stützen. Auch finanziell­e Unterstütz­ung für SDS-nahe Medien soll es aus Ungarn geben. Dabei war der junge Janša – ähnlich wie der junge Orbán – nicht rechts. Er war Mitglied der kommunisti­schen Jugend, und seine Partei hieß 1989 noch Sozialdemo­kratischer Bund. Er studierte in Ljubljana Verteidigu­ngswesen, war gleich nach der Wende Teil der Regierung, ab 1994 aber zehn Jahre in Opposition.

In dieser Zeit entwickelt­e der verheirate­te Vater von vier Kindern seine aggressive Rhetorik, seinen Nationalis­mus und seine oft als irrational kritisiert­en Argumente. 2004 wurde er Premier und schaffte es 2012 noch einmal ins Regierungs­amt. Doch 2013 verließen ihn seine Koalitions­partner, weil er das Zustandeko­mmen von 200.000 Euro seines Vermögens nicht erklären konnte und Schmiergel­der vermutet wurden.

Janša wurde zu zwei Jahren Haft verurteilt und musste auch ins Gefängnis. Doch 2015 hat der Verfassung­sgerichtsh­of das Urteil aufgehoben. Janša könnte nun eigentlich wieder Premier werden, doch er verhält sich so, dass kaum einer mit ihm zusammenar­beiten will. Eine breite Allianz gegen ihn findet sich nicht nur unter den anderen Parteien, sondern auch in der Bevölkerun­g.

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Foto: AFP Der Wahlfavori­t Janez Janša polarisier­t in seiner Heimat Slowenien.

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