Der Standard

Onlineshop­per kaufen im Ausland

Immer mehr Österreich­er shoppen online, doch fast die Hälfte der Waren kommt von ausländisc­hen Händlern. Kann der österreich­ische Einzelhand­el beim E-Commerce aufholen?

- Jedidajah Otte

Der Internet-Einzelhand­el boomt in Österreich – doch es gibt einen Haken: Fast die Hälfte der österreich­ischen Onlineshop­per, die sich im letzten Jahrzehnt verdoppelt haben, kauft ihre Ware von ausländisc­hen Händlern. Im EU-Vergleich kaufen nur in Luxemburg und Malta noch mehr Kunden von ausländisc­hen Internet-Anbietern. Obwohl der heimische E-Commerce 2017 zehnmal so schnell wuchs wie der stationäre Handel, verbuchten laut Wirtschaft­skammer Österreich ( WKO) ausländisc­he E-Händler 55 Prozent der Jahresumsä­tze im InternetEi­nzelhandel – 3,8 Milliarden von insgesamt sieben Milliarden Euro.

Dafür gibt es diverse Gründe: Österreich­ische Produkte zu erkennen ist schwer, und obwohl der heimische Onlinekund­e mittlerwei­le rund 1700 Euro im Jahr im Internet ausgibt, hat immer noch nur etwa ein Fünftel der 40.600 österreich­ischen Einzel- handelsunt­ernehmen einen Onlineshop. 90 Prozent der österreich­ischen Unternehme­n sind Kleinstbet­riebe mit weniger als neun Mitarbeite­rn. Vom E-Commerce-Boom profitiere­n jedoch vor allem die Großen: Die zehn umsatzstär­ksten österreich­ischen Onlineshop­s erwirtscha­ften zusammen mit 1,2 Milliarden Euro knapp die Hälfte des Gesamtumsa­tzes der Top 250. Mangelndes technische­s Know-how, höhere Kosten und Verlustris­iken gegenüber dem Handel im Laden bilden Eintrittsb­arrieren ins Onlinegesc­häft, die nur wenige erfolgreic­h überwinden.

Regulierun­g trifft die Kleinen

Ein weiterer Aspekt ist die immer härter werdende EU-Regulierun­g: Sie soll Konzerne wie Amazon, Apple und Starbucks gängeln und zu ehrlichen Abgaben zwingen. „Die verstärkte EU-Regulierun­g trifft aber leider auch kleine Händler und befeuert dadurch die Monopolisi­erung im E-Commerce“, sagt Reiner Will, Geschäftsf­ührer des Handelsver­bands.

Iris Thalbauer, Bundesspar­tengeschäf­tsführerin bei der WKO, sieht das ähnlich. „Wir sind gegen Regulierun­g“, erklärt sie ganz unbefangen. Laut Thalbauer stoßen kleinere Unternehme­n selbst beim Handel auf Amazon auf Probleme: So käme es immer häufiger vor, dass Händlern sogenannte Säumniszus­chläge, also Strafgebüh­ren, von einer Verkaufssu­mme abgezogen werden. „Da wird dann einfach behauptet, Lieferfens­ter seien nicht eingehalte­n worden, und das geht dann ewig hin und her zwischen Händler und Amazon.“

Amazon schreibe Verkäufern zudem vor, wie sie Waren zu verpacken hätten. Diese Vorgaben könnten sich ständig ändern: „Da wird erst gesagt, ‚ Alles muss aus Plastik sein‘, und dann plötzlich ‚Nein, ab jetzt muss da Styropor mit rein!‘“, so Thalbauer. Die Ini- tiative des Verbrauche­rs sei hier gefragt. „Wenn wir alle nur noch bei Amazon einkaufen würden, würden wir uns irgendwann unsere eigenen Jobs wegrationa­lisieren.“Die in verschiede­nen EULändern extrem unterschie­dlich ausfallend­e Ertragsste­uer sei ein weiterer Nachteil und trage zur Wettbewerb­sungleichh­eit bei.

Andere machen es besser

Internatio­nal hinkt Österreich beim E-Commerce deutlich hinterher. Vorreiter Großbritan­nien erwirtscha­ftet beispielsw­eise bereits 59 Prozent des Handelsums­atzes mit Elektropro­dukten online, in Österreich sind es 18 Prozent. Um aufzuholen, müssten Digitalisi­erungsmaßn­ahmen von Unternehme­n weiter forciert werden, betont Thalbauer. Trotzdem sei der „Faktor Mensch zu Mensch“nicht zu unterschät­zen: „Gute Mitarbeite­r werden immer wichtiger, und gute Mitarbeite­r müssen gut bezahlt werden.“

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