Pilz stolpert ins Parlament zurück
Martha Bißmann soll aus Parlamentsklub ausgeschlossen werden
Wien – Peter Pilz kann zurück ins Parlament. Maria Stern, die für den zurückgetretenen Peter Kolba nachrücken hätte können, verzichtet zugunsten des Listengründers auf das Mandat. Stern soll dafür Parteichefin werden. „Ich habe keine Sekunde gezögert“, sagte sie am Donnerstag. Damit sei die Pattsituation beendet: „Die Personalfrage lastet seit über einem halben Jahr auf uns.“
Dem Verzicht von Frauensprecherin Stern war ein wochenlanger Streit in der Partei vorausgegangen, wer für Pilz sein Mandat aufgeben soll. Martha Bißmann, die statt ihm ins Parlament eingezogen war, weigerte sich zuletzt, Platz zu machen. Das hat nun Konsequenzen: Pilz sieht einen Vertrauensbruch und will die steirische Abgeordnete aus dem Parlamentsklub ausschließen. Er wer- de einem entsprechenden Antrag zustimmen, erklärte Pilz.
Wolfgang Zinggl, der neue geschäftsführende Klubchef der Liste, hofft trotzdem, „dass wir jetzt wieder in ruhigere Fahrwasser kommen“. Er will die Turbulenzen als „Lern- und Reinigungsprozess“verstanden wissen. Den Frust der Wähler versteht er aber: „Das erlebe ich selbst so.“(red)
Zum zweiten Mal schon ebnet Maria Stern für Peter Pilz den Weg ins Parlament. Zunächst spielte die Frauensprecherin der Partei in der Intensivphase des Nationalratswahlkampfs das Thema Unterhaltszuschuss hoch, das der Liste zusätzliche Aufmerksamkeit bei Alleinerziehenden verschaffte. Nun verzichtet sie zu seinen Gunsten auf das Mandat, das ihr nach Peter Kolbas Rückzug zustehen würde. Stern soll dafür von Pilz die Aufgabe des Parteichefs übernehmen.
30 Jahre war Pilz für die Grünen im Parlament, nach der für seine eigene Liste erfolgreichen Wahl noch keinen einzigen Tag. Er sieht seine Rückkehr ins Hohe Haus als „persönliches, politisches Versprechen an seine Wähler“, das er einlösen wolle. Sterns Verzicht sei eine gemeinsame Entscheidung gewesen, er habe sie nicht dazu gedrängt. Auch Alfred Noll wird dem Wunsch seines Parteifreundes nachkommen und anstelle seines Bundesmandats über die niederösterreichische Liste einziehen. Damit dürfte das Comeback von Pilz gesichert sein.
„Das Mandat, das mir die Wähler zugedacht haben, ist das steirische Mandat“, sagt Pilz. Nur Martha Bißmann, die seinen Platz nach seinem Verzicht im November eingenommen hatte, sei nicht bereit, dieses wieder freizugeben. „Das ist ihre persönliche Entscheidung und liegt in ihrer Verantwortung, aber das Vertrauen ist zerstört“, sagt Pilz über Bißmann. Es gebe bereits einen Antrag auf Ausschluss aus dem Klub: „Ich werde dafür stimmen.“Bißmann hat erst durch die Pressekonferenz davon erfahren, dass auch der Listengründer ihren Ausschluss aus dem Parlamentsklub unterstützt, sagte die Abgeordnete dem
STANDARD. Sie werde nun in Ruhe überlegen, was sie weiterhin tun werde.
Wird Bißmann tatsächlich aus dem Klub ausgeschlossen, kann sie als freie Abgeordnete bis zum Ende der Legislaturperiode im Parlament bleiben. Ihre Rechte sind allerdings beschränkt: Sie hat kein Recht, in Ausschüssen zu verhandeln, verfügt über keine Infrastruktur und dürfte nur an Randzeiten vor dem Hohen Haus sprechen.
Nicht gezögert
Erst nach Pilz’ Ausführungen konnte auch Stern am Donnerstag zu ihrer Entscheidung Stellung beziehen. „Ich habe keine Sekunde gezögert“, erklärt sie ihre Beweggründe. „Die Personalfrage lastet auf der Liste Pilz seit einem halben Jahr, wir müssen wieder in unsere Kraft kommen.“Das gehe nur mit Peter Pilz an der Spitze. Dass ausgerechnet sie als Frauensprecherin und Mitinitiatorin des Frauenvolksbegehrens einem Mann Platz macht, der im Vorjahr wegen des Vorwurfs sexueller Übergriffe zurückgetreten war, sieht sie nicht als Widerspruch: „Pilz hat sich in aller Öffentlichkeit der Verantwortung gestellt.“
Wenn Pilz wieder sein Mandat hat, will er die Opposition stärken und bei beiden Untersuchungsausschüssen mitmischen. Allerdings kündigt er an, sich den einen seiner Liste zustehenden Platz in jedem der Ausschüsse mit den bereits eingearbeiteten Abgeordneten Daniela Holzinger (Eurofighter) und Alma Zadic (Verfassungsschutz) teilen zu wollen. „Wir brauchen starke Teams mit starken Abgeordneten“, so Pilz.
Stern soll bei einer Mitgliederversammlung Anfang August zur Parteichefin gewählt werden. Derzeit hat die Partei zwar nur sieben Mitglieder. Doch Pilz will – entgegen seiner ursprünglichen Ankündigung – weitere Mitglieder aufnehmen und erwartet „demnächst“eine dreistellige Anzahl.
Trotz ihres Mandatsverzichts ist Stern finanziell abgesichert. Bisher bezog sie als Frauensprecherin 5000 Euro von der Partei, nun soll sie wie Pilz ein Gehalt als Parteichefin bekommen, das sich am Abgeordnetenbezug orientiert, also 8887 Euro.
Dass sich Pilz am Mittwoch noch krankheitsbedingt für einen Prozesstermin entschuldigte, aber am Donnerstag eine Pressekonferenz gab, sieht er nicht als Problem. Sein Arzt habe ihn wegen eines Darminfekts für „verhandlungsunfähig“erklärt. Es habe nichts damit zu tun, dass er bald wieder die Immunität eines Nationalratsabgeordneten genießen wird, er werde seine Immunität für den Prozess aufheben lassen.