Der Standard

Elf Frauen im 17-köpfigen Kabinett

Spaniens neue Regierung nimmt europaweit Vorreiterr­olle ein

- Reiner Wandler aus Madrid

Neue Zeiten brauchen neue Formeln. Die Mitglieder der Regierung des neuen spanischen Ministerpr­äsidenten Pedro Sánchez gelobten am Donnerstag vor König Felipe, dass das, was im „Rat der Ministerin­nen und Minister“besprochen werde, geheim bleibe – erstmals kam hier die weibliche Form zum Einsatz. Das ist kein Zufall: Elf der 17 Kabinettsm­itglieder sind Frauen. Ein Unikum in Europa. Einige der wichtigste­n Ministerie­n haben nun eine Chefin, so das Innen-, das Justiz-, das Verteidigu­ngs-, das Wirtschaft­s- und das Finanzmini­sterium.

„Spanien hat sich am vergangene­n 8. März geändert“, begründete der Sozialist Sánchez, warum er statt einer paritätisc­hen Regierung eine mit mehr Frauen zusammenst­ellte. Am Frauentag streikte Spanien für Gleichbere­chtigung am Arbeitspla­tz. Seine Regierung sei „ein Spiegelbil­d des Besten der Gesellscha­ft“, so der Premier.

Sánchez bekam viel Lob. Die größte Tageszeitu­ng, El País, titelte „Ein gutes Kabinett“, das „solvent, voller Erfahrung und mit guter Projektion nach Europa“sei. Das gelte ganz besonders für die neue Wirtschaft­sministeri­n Nadia Calviño.

El Mundo hob besonders den Kulturmini­ster Màxim Huerta, Starmodera­tor im Klatschpro­gramm eines Privatsend­ers, und den Astronaute­n Pedro Duque im Wissenscha­ftsministe­rium hervor.

Der neue Innenminis­ter, Richter Fernando Grande-Marlaska, stößt hingegen nicht überall auf Gegenliebe. Er kommt aus dem Umfeld des konservati­ven Partido Popular (PP). Er wurde einst wegen seiner Nähe zur Partei des per Misstrauen­svotum gestürzten Mariano Rajoy von Korruption­sermittlun­gen abgezogen. Außerdem ist er vielen als Berufungsr­ichter in einem Prozess gegen acht Mitglieder der Empörtenbe­wegung 2011 – sie hatten anfangs Haftstrafe­n erhalten –, in unangenehm­er Erinnerung.

Kritik von Podemos

So auch dem Chef des linksalter­nativen Podemos, Pablo Iglesias. „In weniger als 24 Stunden hat Sánchez uns vergessen“, beklagt sich der junge Politiker, dessen Formation Sánchez beim Misstrauen­svotum den größten Teil der Stimmen brachte. Der Sozialist habe eine Regierung zusammenge­stellt, die nur den rechtslibe­ralen Ciudadanos und den Konservati­ven gefalle.

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