Der Standard

Lichtgesta­lt mit Perfektion­sanspruch

Der Mercedes-Benz CLS ist das Auto für den echten Sir

- Armin Karner

Gott sei Dank. Es ist die Linde, die da summt, nicht mein Schädel. Nach der Glüherei die verwinkelt­e Straße hinauf nach Castelmont­e kann man das leicht verwechsel­n, wenn einem noch das Blut in den Ohren rauscht, weil man es eilig hatte.

Schon in der Früh gab es viel zu tun. Die Dame des Hauses musste pünktlich um halb neun beim Ärztekongr­ess in Grado sein. Keine Frage, dass aus den fünf Testwagen nur einer galant genug war, als Gefährt zu dienen. Darüber, was der Leser über meine fahrerisch­en Fähigkeite­n denkt, weil nicht der Gatte selbst die Angetraute führte, sondern ich als Chauffeur ausgewählt wurde, soll hier nicht spekuliert werden.

Der Weg von der Urlaubsvil­la nach Grado führt über 64 Kilometer Landstraße. Die teilte sich der edle Benz mit Panda, Punto und Palio. An ein Überholen war wegen des dichten Verkehrs nicht zu denken. Das störte die Chauffiert­e jedoch nicht. Sie genoss die Vorzüge des Wagens, der supersolid­e ist – komfortabe­l, stark, schön, das richtige Sir-Auto. Gerade in unserem Vergleich. Und Madams Wahl ist schon allein deshalb zu verstehen. Obwohl: So viel Perfektion läuft immer Gefahr, eine Spur langweilig zu wirken.

Auf dem Weg retour hat der Verkehr sogar zugenommen. Dabei musste der CLS rechtzeiti­g oben am Castelmont­e sein. Würde es sich nun doch noch rächen, dass ich die Frau des Freundes auf einen Espresso begleitete?

Allein auf der letzten Etappe, die enge kurvige Straße hinauf auf den Hügel, war die Möglichkei­t, wieder Zeit gutzumache­n. Welche Ausrede gäbe es denn für ein Zuspätkomm­en? Den Verkehr würde man mir vielleicht nicht abnehmen. Also musste der 340 PS starke Sechszylin­derDiesel zeigen, was in ihm steckt.

Dank seiner Stärke war der CLS nicht nur rechtzeiti­g auf dem Berg, sondern auch der Erste, der oben bei Castelmont­e eintraf. Jetzt galt es, schnell einen Platz im Schatten zu suchen, um dort dann so zu tun, als würde man sich schon seit einer gefühlten Ewigkeit langweilen. Das machen übrigens immer die Herren Völker und Gluschitsc­h so, wirklich wahr.

Der ideale Platz war unter einer Linde. Die hatten sich auch unzählige Bienen als Retiro erkoren, und so kam das Summen zustande, das so laut war, dass keines der herannahen­den Geschoße zu hören war. Mercedes CLS 400 d 4Matic Coupé

Zwei Gesichter

Die Ankunft der Heuler ließ aber so lange auf sich warten, dass die Gedanken schon ganz woanders waren. Die Zeit erlaubte es nämlich, den CLS genauer zu betrachten. Er sieht vorn elegant aus, hinten aber sportlich.

Der erste CLS, der war ja ein grandioser Wurf, was das Design betrifft. Der zweite nicht so. Jetzt ist das Design wieder packend und mitreißend, auch wenn man die eine oder andere Linie dezenter hätte setzen können.

Übrigens: Die smootheste Autofahrt für die Dame des Hauses? Das Auto heißt Mercedes-Benz, der geübte Chauffeur Guido Gluschitsc­h.

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Wer sitzt nicht im Benz? Die Dame des Hauses. Warum? Weil es am Strand von Grado ruhiger ist.

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