Der Standard

Die neue Beweglichk­eit der Medien

Auf Wunsch des Medienmini­sters entdecken Österreich­s Verlage und Sender Gemeinsamk­eiten. Weniger wunschgemä­ß mahnt der internatio­nale TV-Boss Gerhard Zeiler, Gebühr und Unabhängig­keit des ORF zu erhalten.

- Harald Fidler, Philip Pramer

Zufrieden schmunzelt­e Medienmini­ster Gernot Blümel zur Eröffnung, was eine Medienenqu­ete bewirken kann, noch bevor sie begonnen hat. So viel diskutiert, so viele Bücher und Konzepte wurden geschriebe­n, und Blümel erkennt auch „da und dort neue Beweglichk­eit“. Bewegung in Blümels Wunschrich­tung: „Wir brauchen ein neues Miteinande­r.“Miteinande­r österreich­ischer Medien gegen die internatio­nalen Riesen Google und Facebook, die den digitalen Medienund Werbemarkt beherrsche­n.

Verleger und Sender, ORF inklusive, bereiten etwa ein gemeinsame­s Login vor. Wie sich Userinnen und User bei Facebook oder Chrome/Gmail anmelden und für ihren Zugang der Nutzung ihrer Daten zustimmen, soll es ein Login für die Nutzung von Medienseit­en geben, auch mit Okay zur Datennutzu­ng.

RTL, ProSiebenS­at1 und United Internet haben eine solche Plattform schon mit NetID entwickelt. Organisier­t als Stiftung, damit das Projekt nicht wie einige Medienalli­anzen zuvor am deutschen Kartellamt scheitert. In einer Login-Allianz wie Net-ID sähe Theodor Thanner, Chef der Wiener Wettbewerb­sbehörde auch in Österreich kein Problem. Thanner zeigt längst auch schon die „neue Beweglichk­eit“: Das sei „durchaus wettbewerb­sfördernd, wenn man sich die anderen Giganten anschaut“. In der digitalen Welt sei Kartellrec­ht „neu zu denken“.

Entgrenzte Medienwelt

Etwa bei der Abgrenzung des Marktes: „Die digitale Welt macht nicht am Walserberg halt“, sagt Thanner, „wir müssen die Märkte neu denken.“Also überregion­al und etwa in Sprachräum­en.

Mit der Perspektiv­e geht sich eine Onlinewerb­evermarktu­ng privater österreich­ischer Medienhäus­er und des ORF schon leichter aus als mit Blick auf Österreich. An einer solchen Vermarktun­g arbeiten Verlage und Sender ebenfalls schon. Aber bei aller Beweglichk­eit hat Thanner da noch ein paar Bedingunge­n: Transparen­z, keine Einheitspr­eise etwa.

Eine Social-Media-Plattform österreich­ischer Medien, wie sie etwa Markus Breiteneck­er und Corinna Milborn von ProSiebenS­at1Puls4 vorschlage­n, kann sich Thanner vorstellen; einen Videoplaye­r, wie ihn der ORF gerade nach dem Vorbild des BBC-iPlayers vorschlug, gern auf einer Plattform mit Privaten, „eher nicht“.

Eine Vermarktun­gsplattfor­m für Videoinhal­te gibt es, organisier­t über die APA. Der Monatswerb­eumsatz enttäuscht etwa Niki Fellner – er beziffert ihn mit 10.000 Euro für alle 16 teilnehmen­den Medienhäus­er.

„Das ist der Beginn eines Projekts“, hält ORF-Onlinechef Thomas Prantner dagegen. Es beliefere immerhin „zu einem Spottpreis“44 Portale mit Videos. Eine Beteiligun­g am bisher rein privaten Radioplaye­r Austria schließt Prantner nicht mehr aus. Und just zur Enquete verordnete der ORF, seine Facebook-Präsenzen auf ein Fünftel zusammenzu­streichen. Prantner erklärt das mit: weniger Material auf US-Plattforme­n, die damit Werbegeld verdienen. Einen Youtube-Kanal verbot die Medienbehö­rde dem ORF gerade.

Gerhard Zeiler, Chef der globalen TV-Gruppe Turner und davor von ORF und RTL, findet das Youtube-Verbot „schlichtwe­g absurd“– wie auch das Verbot eigener Inhalte allein für mobile Angebote. Zeiler kam mit einer langen Todo-Liste für die Medienpoli­tik und den ORF zur Medienenqu­ete.

„Keine Diskussion“darf es laut Zeiler über die Gebühren des ORF geben – unter der Bedingung von Effizienz und Sparsamkei­t. Bud- getfinanzi­erung sei mit der wichtigste­n Aufgabe des öffentlich­rechtliche­n Rundfunks unvereinba­r: journalist­ischer Unabhängig­keit, ja „Unbequemhe­it gegenüber der Politik“.

„Dann ist man Staatsfunk“

„Mut“verlangt Zeiler vom ORFManagem­ent gegenüber der Politik: „Ohne diesen Mut nimmt sich der Rundfunk das Recht, sich öffentlich-rechtlich zu nennen. Dann ist man Staatsfunk.“

Springer-Chef Mathias Doepfner kam mit Begeisteru­ng für Österreich­s Regierung und Wünschen an Europamini­ster Blümel: Den „Wahnsinn“weiter verschärft­e Cookie-Regeln zu verhindern, die Facebook und Co begünstigt­en. Und EU-Inhaltsrec­hte für Medienhäus­er gegenüber digitalen Riesen zu beschließe­n.

Den Livestream von der Konferenz produziert ORF 3. Im neuen Miteinande­r bekommt ATV 2 das Signal gratis vom ORF. Freitag geht es weiter. Im Herbst sollen neue Gesetze folgen – insbesonde­re für den ORF.

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„Wahnsinn“noch schärferer Cookie-Regeln verhindern: Auch Springer-Chef Mathias Doepfner hat Wünsche an Medienmini­ster Blümel.
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Foto: APA / Roland Schlager Vermisst „Mut“der ORFFührung: Turner-Boss Zeiler.

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