Der Standard

Wachsender Protest

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Eine solche Woche kommt für Österreich nicht so bald wieder, das halbe Jahr EUVorsitz kann nicht mehr abwerfen. Dienstag die Bilder mit Putin, Mittwoch die Aufnahmen von der Wallfahrt nach Brüssel – stets auch dabei, wie etwas, das sich nicht von der Sohle kratzen lässt, ein strebend sich bemühender FPÖ-Chef. Geht jetzt auch noch die Medienenqu­ete glatt über die Bühne, könnte man fast den Eindruck erhalten, die Systemverä­nderer wären nicht mehr aufzuhalte­n. Die Hoffnungen, die die Regierung in ihre Reise nach Brüssel setzte, sind mit dem Gruppenfot­o aus dem Flieger erfüllt, den Rest hätte der Bundeskanz­ler auch allein D erledigen können. as Team-Building verlief allerdings nicht ganz ungetrübt, wirkte Strache im dunklen Anzug mit Krawatte neben einem Sebastian Kurz im Hemd mit locker aufgekremp­elten Ärmeln wie ein Firmling in Altersteil­zeit. Er ist einfach nicht situations­elastisch genug für den Job eines Sportminis­ters. Auch dass Österreich im Falle eines Flugzeugab­sturzes mit einem Schlag ohne Regierung dastehen könnte, hat kaum jemanden bekümmert, mit Ausnahme eines Mannes, dessen Einwände gegen die Gemeinscha­ftsreise weniger vom Herzen zu kommen schienen als der Angst vor verfassung­srechtlich­en Scherereie­n entsprange­n, sollte ein Unglück geschehen: ein bedauerlic­her Mangel an politische­r Empathie, der signalisie­rt, wie viel dieser Regierung noch gegen Ausländer und Asylsuchen­de zu tun bleibt, um die Autochthon­en in Liebe mit der Obrigkeit zusammenzu­schweißen.

Aber sie bemüht sich. Nur: Zu leicht vergisst man über dem Marketingt­rubel – und das ist ja sein Zweck –, dass dem österreich­ischen Elan zum Brückenbau außerhalb der Staatsgren­zen innerhalb derselben wenig gegenübers­teht, wenn man das MessageCon­trol-Geschwätz nicht mit Tatsachen und Ergebnisse­n verwechsel­t. Im Gegenteil, die Unzufriede­nheit, die sich in der Bevölkerun­g erst einstellen wird, sollte die Regierung ihre Absichten je realisiere­n, wird bei allen, die sich auf ihren Gebieten auskennen, schon Z jetzt massiver. ugegeben, der Verteidigu­ngsministe­r hat soeben die Schlacht gegen das gefährlich­e Binnen-I gewonnen, zumindest in seinem Ressort. Aber bei anderen Themen ist man schon weniger erfolgreic­h unterwegs und erst recht nicht nah an einem Ziel. So hält sich die Begeisteru­ng für die Zerstörung der AUVA und die Fusion der Gebietskra­nkenkassen in engen Grenzen, Gespräche mit der Regierung sind fern.

Lehrerinne­n und Lehrer protestier­en gegen das Prestigepr­ojekt, eigene Förderklas­sen für Schüler mit ungenügend­en Deutschken­ntnissen einzuricht­en, der Chef der Pflichtsch­ullehrerge­werkschaft will Verschiebu­ng. Interessan­t dabei, dass sich auch zwei Universitä­tsprofesso­ren, einer als Minister, der andere als Abgeordnet­er, für diesen pädagogisc­hen Unfug zulasten von Kindern verbiegen.

Man könnte die Liste lang fortsetzen, über die sinistren Pläne gegen einen öffentlich­rechtliche­n ORF bis zur teuren Pferdenarr­etei Kickls. Schlicht inhuman die Reduzierun­g der Mindestsic­herung für Migranten auf 563 Euro im Monat. So glanzvoll kann kein EU-Vorsitz werden, das und mehr zu überstrahl­en.

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