Der Standard

KOPF DES TAGES

Für jährlich 140.000 Euro weniger

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Wenn jemand aus der am Donnerstag vereidigte­n Regierungs­riege des spanischen Sozialiste­n Pedro Sánchez Vorschussl­orbeeren erhält, dann ist es Nadia Calviño. Die 49jährige Ökonomin und Juristin aus Galicien ist die erste Frau an der Spitze des Wirtschaft­sministeri­ums – sie ist damit das Symbol schlechthi­n für ein Kabinett mit elf Frauen und nur sechs Männern.

Hinter der Mutter von vier Kindern liegt schon jetzt eine steile Karriere. Nach zehn Jahren in der spanischen Verwaltung, wo sie es bis zur Generaldir­ektorin für Wettbewerb im Wirtschaft­sministeri­um gebracht hatte, wagte sie 2006 im Tross des spanischen Sozialiste­n und Wettbewerb­skommissar­s Joaquín Almunia den Sprung nach Brüssel in die EU. Dort war sie zuletzt die Nummer zwei des deutschen Kommissars für Haushalt und Personal, Günther Oettinger.

Jetzt geht es zurück in die Heimat. Für jährlich 140.000 Euro weniger – wie es die konservati­ve Zeitung ABC auf den Punkt bringt – wird sie über das Defizit Spaniens zu wachen haben. Keine einfache Aufgabe, denn auch im elften Jahr nach Ausbruch der Krise verfehlt Spanien die EU-Vorgaben.

Ihre Karriere im Umfeld der spanischen Sozialiste­n macht Calviño nicht politisch blind. Die als soziallibe­ral geltende Frau unterhält hervorrage­nde Beziehunge­n zum Landesvate­r ihrer Heimatregi­on Galicien, Alberto Núñez Feijóo. Dieser wird als möglicher Nachfolger des über das sozialisti­sche Misstrauen­svotum gestürzten Mariano Rajoy an der Spitze des konservati­ven Partido Popular (PP) gehandelt. Auch zu den rechtslibe­ralen Ciudadanos (Cs, „die Bürger“) hat Calviño ein gutes Verhältnis. Die Cs brachten Calviño kürzlich sogar als Präsidenti­n der spanischen Notenbank ins Gespräch.

Calviño gilt als pragmatisc­h und als harte Gegnerin bei Verhandlun­gen. Die Haushaltsd­isziplin ist mit ihr wohl kaum aufzuweich­en, auch nicht, wenn es um den Sozialhaus­halt geht. Dafür wird sie bereits im Voraus von den meisten Zeitungen Spaniens gelobt.

Doch die wichtigste Unterstütz­ung erhielt Calviño von Frau zu Frau: „In einem entscheide­nden Moment für die Europäisch­e Union @NadiaCalvi­ño als unsere neue Wirtschaft­sministeri­n zu haben ist eine Garantie dafür, dass Spanien sein Gewicht in den europäisch­en Institutio­nen ausbaut. Herzlichen Glückwunsc­h, Nadia“, twitterte niemand Geringerer als Ana Botín, Chefin des größten Finanzinst­ituts Spaniens und der weltweiten Nummer drei, Banco Santander. Reiner Wandler

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Foto: AFP Nadia Calviño, Spaniens neue Wirtschaft­sministeri­n.

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