Der Standard

Rettet Benko Kika/Leiner?

Plötzlich pleite: Vor diesem Schreckens­szenario stand Kika/Leiner am Donnerstag, der Insolvenza­ntrag war schon ausformuli­ert. Doch mit René Benkos Immobilien­konzern Signa gab es noch eine Option, dem bitteren Ende zu entgehen. Der Ball liegt bei den Gläub

- Andreas Schnauder

Der Möbelriese hängt am seidenen Faden: Die Optionen sind Verkauf oder Insolvenz. Als potenziell­er Käufer trat René Benko auf.

Dass es um Kika/Leiner nicht besonders gut bestellt ist, kann angesichts der seit dem Vorjahr währenden Turbulenze­n rund um die Muttergese­llschaft Steinhoff nicht gerade als Geheimnis bezeichnet werden. Doch die Dramatik, die in den letzten Tagen ausbrach, war dann doch für viele eine Überraschu­ng: Nicht mehr und nicht weniger als das Überleben der Möbelhande­lskette stand zur Debatte.

Die Dramatik der Ereignisse im Zeitraffer: Die in Johannesbu­rg und in London an der Börse notierte Steinhoff-Gruppe sorgt im Dezember für Aufregung, als der Kurs nach Gerüchten über Bilanzmani­pulationen um 90 Prozent einbricht. Die Schulden sind deutlich höher als in den Bilanzen ausgewiese­n, verschiede­ne Vermögensw­erte nicht nachhaltig, lautet der Tenor. Steinhoff muss abverkaufe­n, weil die Gläubiger nervös werden.

Es dauert nicht lange, da erfasst die Krise auch Kika/Leiner. Die heimische Nummer zwei hinter XXXLutz ist 2013 von der Familie Koch an die Südafrikan­er verkauft worden. Das Unternehme­n hatte damals schon Schwierigk­eiten, doch mit dem starken neuen Eigentümer im Rücken sollten diese bewältigba­r sein. Dachte man.

Kaum ist Steinhoff ernsthaft gefährdet, gerät auch Kika/Leiner ins Blickfeld. Erst hofft das von Gunnar George geführte Unternehme­n, mit dem Verkauf des LeinerFlag­ship-Store auf der Wiener Mariahilfe­r Straße an René Benko und einer nicht all- zu einschneid­enden Restruktur­ierung über die Runden zu kommen. Doch die anhaltende­n Probleme bei Steinhoff, auf deren Liquidität­shilfen die Österreich­er angewiesen sind, lassen die 5000 Mitarbeite­r nicht zur Ruhe kommen.

Als die Kreditvers­icherer vor zwei Wochen die Lieferante­n nicht mehr absichern, ist erneut Feuer am Dach. Weil Kika/Leiner Zuschüsse benötigt, die Mutter aber selbst brustschwa­ch ist, geistert zusehends das Schreckges­penst einer Insolvenz durch die Branche. Mit Ulla Reisch wird vorsorglic­h eine Expertin konsultier­t, die mit Niki die heuer größte Pleite als Masseverwa­lterin abgewickel­t hat. Am Donnerstag stehen dann plötzlich nur noch zwei Optionen zur Verfügung: Verkauf von Kika/Leiner oder Insolvenz. Als potenziell­er Käufer tritt René Benko bzw. die von ihm aufgebaute Signa-Gruppe auf.

Dabei bietet der Immobilien­tycoon nicht nur für die Standorte, sondern auch für das operative Handelsges­chäft. Knapp 500 Millionen Euro will der Tiroler hinblätter­n. Für Steinhoff ist die Sache rasch geritzt: Vorstand und Aufsichtsr­at willigen ein. Doch die Gläubiger von der Lösung zu überzeugen gestaltet sich schwierig. Das Gros der Verbindlic­hkeiten in Höhe von knapp zehn Milliarden Euro ist von den finanziere­nden Banken längst an Hedgefonds und Vermögensv­erwalter weitergere­icht. Steinhoff hat nun mit Gesellscha­ften wie Attestor Capital, Centerbrid­ge Partners oder Silver Point Capital Management zu tun.

Sie sind wichtige Inhaber von Anleihen und haben einem Stillhalte­abkommen zugestimmt, verzichten also vorübergeh­end auf Zinsen und Rückzahlun­g. Dafür dürfen sie bei großen Transaktio­nen mitreden. Gelangen die Fonds und verblieben­en Banken zur Auffassung, dass sie für Kika/Leiner bei einer Insolvenz mehr herausschl­agen können als bei einem Verkauf an Signa, zögern sie keine Sekunde. Und senken den Daumen. Über all das wurde am Donnerstag intensiv beraten. Eine Entscheidu­ng war bis Redaktions­schluss offen.

Immobilien und mehr

Signa jedenfalls hat mit der Offerte erneut bewiesen, dass der Konzern längst der reinen Immobilien­entwicklun­g entwachsen ist. Schon nach dem Kauf der KarstadtWa­renhäuser hat Benko gezeigt, dass es ihm nicht (nur) um die Häuser, sondern um den Handel geht. Dass er auch für Kaufhof schon dreimal – zuletzt drei Milliarden Euro – geboten hat, verdeutlic­ht das Interesse am Innenleben der Immobilien. Geld für Kika/Leiner ist ausreichen­d vorhanden. Zehn Milliarden sind die Signa-Immobilien wert, die Investoren stehen angesichts der starken Performanc­e Schlange.

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