Der Standard

Gesättigte Heuschreck­en

Nicht Steinhoff musste René Benko überzeugen, Kika/Leiner zu kaufen, sondern mehrere große Hedgefonds. Sie haben ausfallsge­fährdete Forderunge­n des angeschlag­enen Möbelriese­n gekauft und wollen Gewinne sehen.

- BERICHT: Andreas Schnauder

Das ist nicht alltäglich. Da schnappt sich ein nicht über jeden Zweifel erhabener Immobilien­investor die zweitgrößt­e Möbelhande­lskette des Landes, und von allen Seiten wird applaudier­t. Mitarbeite­r, Lieferante­n, die Politik, selbst die Konkurrenz ist voll des Lobes für René Benko, der Kika/Leiner um 450 Millionen Euro erwirbt. Ein unterlegen­er Interessen­t etwa meint, man müsse „neidlos anerkennen, dass Benko die beste Lösung präsentier­t hat“.

Zuletzt war noch die Grazer Supernova-Gruppe in der Endauswahl, die dutzende Fachmarktz­entren und Einkaufshä­user in Österreich und Südosteuro­pa betreibt und einen beachtlich­en Teil der Baumax-Filialen erworben hat. Das vom deutschen ÖVP-Spender Frank Albert aufgebaute Unternehme­n soll schon seit Monaten mit Kika/Leiner in Kontakt gewesen sein – letztlich vergeblich. Spekuliert wurde, dass Supernova mit dem Branchenpr­imus XXXLutz verbandelt sei. Das wurde am Freitag weder bestätigt noch dementiert. Auch bei Baumax trat Supernova als Bieter auf, nachdem es mit Obi schon Vereinbaru­ngen über den Betrieb der Märkte gegeben hatte.

Doch das ist jetzt ohnehin Schnee von gestern. Bei der angeschlag­enen Kika/Leiner-Mutter Steinhoff soll man nicht allzu sehr vom Supernova-Angebot angetan gewesen sein, hört man von Involviert­en: „schlecht vorbereite­t, keine gesicherte Finanzieru­ng“, lautet die Bewertung. Für den deutsch-südafrikan­ischen Konzern hat Vorstandsm­itglied Theodore de Klerk die Verhandlun­gen geführt, unterstütz­t wurde er vom Wiener Anwalt Markus Fellner.

Schon Donnerstag­früh war klar: Benkos Signa-Gruppe soll es richten. Mit dem Kaufpreis für die Immobilien und einer Kapitalerh­öhung von 100 Millionen für das Handelsges­chäft gab sich Steinhoff zufrieden. Doch das war nur die halbe Miete. Der Deal hing ganz entscheide­nd von der Zustimmung der Gläubiger ab. Und die sind bei Steinhoff nicht wie üblich Kommerzban­ken. Die Geldinstit­ute haben sich nämlich seit Ausbruch der Krise Ende 2017 zusehends von ihren Krediten getrennt. Mit Abschlägen aufgekauft wurden die Forderunge­n von jenen Fonds, die manchmal etwas despektier­lich als Heuschreck­en bezeichnet werden.

Unter ihnen befinden sich Größen wie der Beteiligun­gsfonds KKR (Kohlberg Kravis Roberts), der mit Übernahmen wie RJR Nabisco Schlagzeil­en produziert­e. Ein weiterer Gläubiger heißt Blue Mountain Capital – ein Fonds, der in der Affäre „London Whale“von milliarden­schweren Fehlspekul­ationen der US-Bank JPMorgan profitiert­e. Auch Farallon Capital hat Steinhoff-Forderunge­n erworben – eine Gesellscha­ft, die sich als Vermögensv­erwalter von Universitä­ten wie Yale einen Namen gemacht hat. TPG wiederum ist für Investment­s in bekannte Marken bekannt, beispielsw­eise in Bally oder die Hollywoods­tudios MetroGoldw­yn-Mayer.

Für Steinhoff-Vertreter de Klerk machte die Konstellat­ion die Verhandlun­g nicht leichter. „Denen geht es nur um die Verwertung der Immobilien, die Jobs sind ihnen egal“, ärgerte sich ein Regierungs­mitglied, das sich über den Verhandlun­gsstand informiere­n ließ. Tatsächlic­h wurde die Rettung von Kika/Leiner noch zur Zitterpart­ie. Eigentlich sollte der Verkauf an Benko am frühen Nachmittag durch sein, doch die Erlösung ließ bis gegen 21 Uhr auf sich warten. Die Fonds hatten immer wieder die Alternativ­e Insolvenz ins Spiel gebracht, bei der sie Zugriff auf die 70 Kika/LeinerStan­dorte in Österreich und Osteuropa erhalten würden. Die könnten mehr einbringen als Signas Angebot, lautete die offene Drohung.

Letztlich stimmten die Gläubiger zu. Benko wird sich jetzt Zeit lassen, um die Standorte zu analysiere­n. Denn eines ist klar: Ohne Restruktur­ierung wird auch Signa Kika/Leiner nicht aus der Verlustzon­e führen.

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Jetzt wird Signa einmal Standorte und Strategie von Kika/Leiner analysiere­n. Das Zwei-Marken-System wird von Experten kritisch gesehen, weil dadurch die Kräfte gesplittet werden.

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