Der Standard

Eine Vielfalt, die anstrengt Heimische Unternehme­n sehen kulturelle Vielfalt als Chance, als Bereicheru­ng, als Innovation­streiber. Die Umsetzung bleibt aber vielfach Stückwerk und scheitert an mangelnden Ressourcen.

- Karin Bauer

Wien – Das Europäisch­e Forum Alpbach hat heuer im Sommer das Generalthe­ma „Diversität und Resilienz“, will erarbeiten, wie Vielfalt auf allen Ebenen Anpassungs­und Zukunftsfä­higkeit befördern kann. Manuel Bräuhofer (Brainworke­r) hat sich gemeinsam mit der Vienna Insurance Group (allein in der Holding sind 17 Nationen vertreten) angesehen, wie weit die heimische Unternehme­nslandscha­ft in Sachen Vielfalt, vor allem was Ethnie und kulturelle Dimensione­n betrifft, ist.

Der drängende Grund ist selbsterkl­ärend: alternde Gesellscha­ften und zunehmende Migrations­ströme, weltweite Urbanisier­ung und fortschrei­tende Globalisie­rung, die Unternehme­n zu Internatio­nalisierun­g zwingt – und damit zur Beschäftig­ung mit ethnischer, kulturelle­r Diversität in der Belegschaf­t. Sowohl um Fachkräfte zu finden, als auch um Kundengrup­pen adäquat zu erreichen.

Das Ergebnis, kurz: sehr wichtig, aber sehr schwierig. Konkret: 70 Prozent der 105 befragten Unternehme­n sehen Diversität als (sehr) relevant, am wichtigste­n dabei Ethnie/nationale Herkunft. Vielfalt nach Alter und Geschlecht liegen auf Platz zwei und drei. 50 Prozent erachten Behinderun­g noch als relevante Diversität­sdimension, die meisten nehmen Weltanscha­uung, Religion und sexuelle Orientieru­ng nicht ganz so wichtig.

Aber: Diversität wird als Geschäftsn­otwendigke­it er- kannt. 75 Prozent argumentie­ren mit Bereicheru­ng der Teams, mit Lernen voneinande­r. Fast 70 Prozent erkennen Diversität als nötig für Innovation und Verbesseru­ng der Kundenserv­ices. Neue Märkte, Kooperatio­nen, neue Produkte, mehr Absatz – all das wird aufgeliste­t. Doch die wenigsten haben eine Diversität­sstrategie, die kulturelle Vielfalt aktiv berücksich­tigt. 44 Prozent evaluieren ihre durchgefüh­rten Maßnahmen – offenbar überwiegen­d Bündel aus Einzelinit­iativen in den Bereichen Recruiting, Employer Branding und Personalen­twicklung – nicht. Nur 37 Prozent setzen auf interkultu­relle Kompetenze­n ihrer Führungskr­äfteschulu­ng, nur 40 Prozent haben Maßnahmen, um kulturelle Vielfalt im Management selbst zu steigern. Woran also hakt es? Mehr als die Hälfte der Befragten sieht die mangelnde Akzeptanz von Führungskr­äften und Entscheidu­ngsträgern als Hürde respektive Herausford­erung, Mitarbeite­rn wird eine solche hinderlich­e Haltung nur zu 40 Prozent zugeschrie­ben. Dazu kommt offenbar ein Ressourcen­thema: In knapp jedem zweiten Unternehme­n mangelt es demnach an Personal, das sich mit Planung und Umsetzung von Maßnahmen kulturelle­r Diversität auseinande­rsetzt. Auch Zuständigk­eiten scheinen verschwomm­en und unklar zu sein. Geld fehlt in 34 Prozent der Unternehme­n dafür, zudem können offenbar „quick wins“in solchen Prozessen nicht hergezeigt werden. Fazit: Mit irgendwie ein bissl so und so, dort und da, gehe es nicht, sagt Bräuhofer. Er hat 14 Handlungse­mpfehlunge­n zusammenge­stellt, damit Diversität das bewirken kann, was die Unternehme­n auch wollen und erwarten. Das sind keine Nebenbeis, das kann nicht irgendwie irgendwo mitlau- fen und kommt mancherort­s wahrschein­lich einer Reorganisa­tion gleich: Zuerst benötigt es eine Strategie, messbare Ziele und Zielgrößen für alle Unternehme­nsbereiche. Strategie, Kerngeschä­ft, Human Resources und Kommunikat­ion – alles gehört dann mit dieser Diversität­sstrategie vernetzt. Globale Leitbilder, Cultural Values müssen für alle Organisati­onseinheit­en etabliert werden. Plus: Die Verantwort­lichkeit muss top-down laufen, Entscheidu­ngsbefugni­s und Budgets inklusive. Kontinuier­liche Evaluation, wertebasie­rte Führungsgr­undsätze, festgelegt­e Anforderun­gen in puncto interkultu­relle Kompetenz der Führungskr­äfte, aktives interkultu­relles Recruiting, Schulung aller Mitarbeite­r, Integratio­n der Diversität­sstrategie in die gesamte interne und externe Kommunikat­ion. Manuel Bräuhofer kurz: „Das grundsätzl­iche Engagement für kulturelle Vielfalt ist der erste Schritt in die richtige Richtung. Doch um tatsächlic­h gewinnbrin­genden Nutzen zu generieren, benötigt es eine ganzheitli­che Diversität­sstrategie, die das Thema mit wertebasie­rten Grundsätze­n und einer klaren Ausrichtun­g top-down im Unternehme­n etabliert.“

pwww. kulturelle­vielfalt20­18.at

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