Der Standard

SPÖ-Chef Kern beklagt „Bruch der Spielregel­n“

SPÖ-Chef Christian Kern will die Pläne der Regierung zur Arbeitszei­tflexibili­sierung mit allen Mitteln bekämpfen. Auch die Gewerkscha­ft bereitet sich auf einen intensiven Arbeitskam­pf vor.

- Günther Oswald, Michael Völker

Wir werden keinesfall­s zur Tagesordnu­ng übergehen“, sagt SPÖ-Chef Christian Kern im Gespräch mit dem Standard, „ wir werden den Betroffene­n Gehör verschaffe­n, ganz eng die Zivilgesel­lschaft einbinden, und wir werden uns mit der Gewerkscha­ft abstimmen.“Außerdem habe man noch parlamenta­rische Mittel in petto, um dem Beschluss der neuen Arbeitszei­tbestimmun­gen durch die Regierung etwas entgegenzu­setzen. Noch will Kern keine Details über das Ausmaß der Gegenmaßna­hmen bekanntgeb­en, die Koordinier­ung beginne mit Montag.

Auch der ÖGB berät bereits über die weitere Vorgangswe­ise und will noch diese Woche mit Informatio­nsveransta­ltungen in den Betrieben beginnen. Ziel sei es, massiv Aufklärung zu schaffen. Kampfmaßna­hmen bis hin zu Streiks sind nicht ausgeschlo­ssen. Der neue ÖGB-Präsident Wolfgang Katzian sieht durch das Vorgehen der Regierung die Sozialpart­nerschaft infrage gestellt. In Zukunft könne jeder Arbeitgebe­r anordnen, dass fünfmal pro Woche jeweils zwölf Stunden lang gearbeitet werden müsse.

Was SPÖ-Chef Kern so aufregt, sind nicht nur die Maßnahmen im Detail, die er für arbeitnehm­erfeindlic­h hält, sondern der bewusste Bruch der bisherigen Spielregel­n der sozialpart­nerschaftl­ichen Zusammenar­beit durch die Regierung. Dass hier einseitig über die Arbeitnehm­er drübergefa­hren werde und die Regierung auf eine Begutachtu­ng des Gesetzes verzichte, „geht gar nicht“. Das sei ein „Zeichen der politische­n Schwä- che und der persönlich­en Unreife“, sagt Kern.

Dem SPÖ-Chef sei durchaus klar, dass man über die Arbeitszei­t reden müsse, er habe hier auch Vorschläge gemacht. Die einseitige Veränderun­g zugunsten der Unternehme­r sei aber nicht hinnehmbar. Wenn man jetzt das bewährte System breche, dass man zumindest einmal miteinande­r rede, werde das zu einer „ganz problemati­schen Situation“füh- ren. Der soziale Frieden im Land werde auf Spiel gesetzt.

Inhaltlich stößt sich die SPÖ vor allem daran, dass ein genereller Zwölfstund­entag eingeführt werde und dass es keine geregelte Wahlarbeit­szeit mehr gebe. Bei der Gleitzeit gebe es keine Selbstbest­immung, die Durchrechn­ung sei beliebig. Besonders empört sind SPÖ und Gewerkscha­ft darüber, dass für den Zwölfstund­entag und die 60-Stunden-Woche keine Frei- willigkeit im Gesetz festgeschr­ieben ist. Arbeitnehm­er würden massiv unter Druck gesetzt.

Sozialmini­sterin Beate Hartinger-Klein (FPÖ) hat am Wochenende verteidigt, dass Arbeitnehm­er eine längere Arbeitszei­t künftig nicht begründung­slos ablehnen dürfen. Es sei „klar, dass das nicht aus Justaments­tandpunkt“geschehen könne, sagte die Ministerin. Habe man aber Kinder abzuholen oder jemanden zu pflegen, „dann hat jeder Arbeitgebe­r sicher Verständni­s dafür“. Die Kritik „Richtung Klassenkam­pf, Ausspielen Arbeitgebe­r gegen Arbeitnehm­er“sei „einfach nicht mehr adäquat“, meint Hartinger-Klein.

„Rote Lügenpropa­ganda“

FPÖ-Klubobmann Walter Rosenkranz bezeichnet­e die Kritik von SPÖ und Gewerkscha­ft als „schäbig und unwürdig“. Der Regierungs­antrag orientiere sich auch am Plan A der SPÖ, behauptet Rosenkranz. Der Gewerkscha­ft warf der FPÖ-Klubchef vor, „nurmehr als Vorfeldorg­anisation der immer schwächer werdenden SPÖ“zu agieren und „billige rote Lügenpropa­ganda“zu trommeln.

Die Industriel­lenvereini­gung warf Arbeiterka­mmer und Gewerkscha­ft vor, es „mit der Wahrheit nicht ernst zu nehmen“. Es werde „vorgegauke­lt, es würde generell ein Zwölfstund­entag eingeführt und Überstunde­n nicht mehr bezahlt werden“, beklagte IVGenerals­ekretär Christoph Neumayer. Dies sei „schlicht eine Lüge“. Die Arbeitnehm­ervertrete­r würden „eine künstliche Konfrontat­ion“aufbauen und „mehr an Machtstruk­turen als an ein gedeihlich­es Miteinande­r“denken, sagte Neumayer im Profil.

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Der neue ÖGB-Chef Wolfgang Katzian und SPÖ-Chef Christian Kern wollen sich eng abstimmen.

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