Der Standard

Smirnoff, Spotify, Feminismus

Wodkamarke will die Gleichstel­lung von Mann und Frau

- Christian Schachinge­r

Laut dem US-Branchenbl­att Billboard war das Jahr 2017 das Jahr der Männer. Erstmals seit 1984 wurden in den US-Verkaufsrä­ngen für Musik die Top-Ten-Platzierun­gen in den drei wichtigste­n Kategorien ausschließ­lich von Männern eingenomme­n. Eine weitere Analyse ergab, dass die zentralen drei Playlists auf der im Mitbesitz von Konzernen wie Universal, Warner und Sony befindlich­en Plattform Spotify ein identes Bild zeigen. Die am häufigsten gestreamte­n Tracks auf „Today’s Top Hits“, „Rap Caviar“und „Rock This“stammen alle von Männern.

Eine neue App auf Spotify soll nun Abhilfe schaffen. Ausgerechn­et eine Wodkamarke nimmt sich des feministis­chen Gedankens an. Sie nennt sich „The Smirnoff Equalizer“. Abgesehen davon, dass nicht nur Männer mehr Wodka trinken sollen, sondern auch Frauen, will der „Smirnoff Equalizer“Folgendes leisten: Er bietet an, geschlecht­liche Ungerechti­gkeiten auszugleic­hen und als Vor- schläge für den Nutzer in dessen Playlists ebenso viel Musik von Frauen wie Männern anzubieten.

Wenn man den Equalizer als in den USA notwendige­rweise volljährig­er Nutzer in Betrieb setzt, krabbeln also ganz viele kleine „russische Vitamine“in das Handy und analysiere­n das Nutzerverh­alten der letzten sechs Monate. Dann wird ein prozentuel­les Verhältnis von konsumiert­er „männlicher“und „weiblicher“Musik ausgerechn­et. Die Frage ist nun folgende: Bei Spotify und anderen Streamingd­iensten sitzen ja auch Analysten und Playlist-Programmie­rer, die das Nutzerverh­alten insofern optimieren wollen, als dem Kunden immer noch mehr davon geboten werden soll, was er sowieso schon hört. Wenn man das über die Wodka-App untersucht­e User-Verhalten entspreche­nd auswertet und Musik mit niedriger Zugriffsra­te aus den Playlists kippt, haben wir es in Zukunft mit einer Forcierung der Geschlecht­erungleich­heit zu tun. Das ist kulturpess­imistisch gedacht. Na sdorówje.

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