Der Standard

Heinrich und Horst

„Lohengrin“an der Staatsoper mit erstklassi­gem Dirigat von Sebastian Weigle

- Stefan Ender

Wien – König Heinrich sieht das deutsche Reich bedroht, zur prompten Zurückweis­ung der fremdländi­schen Bedrohung sammelt er die wehrwillig­en Kräfte. Andreas Homoki hat Wagners Lohengrin in seiner Inszenieru­ng von 2014 im bajuwarisc­hen Raum angesiedel­t: Dirndln, Maßkrüge und von Strickstrü­mpfen umspannte Männerwade­n überall. Bemerkensw­ert, wenn aufgrund der aktuellen politische­n Kabalen in Berlin in der Staatsoper nun plötzlich Aktualität anklingt: Singt Vizekönig Horst (Seehofer) das alte Lied, das schon sein Landsmann Heinrich angestimmt hat?

Der Held, der Heinrichs Truppen führen soll, ist Lohengrin. Vor zwei Jahren durfte man Klaus Florian Vogt als Einspringe­r in dieser Partie erleben, mit einem Piano so wärmend und licht wie ein Sonnenstra­hl. In der aktuellen Serie übernahm Robert Dean Smith die Partie (anstelle des erkrankten Christophe­r Ventris). Der Routinier gab die Partie mit einer ange- nehmen Selbstvers­tändlichke­it, die Gralserzäh­lung des 62-Jährigen geriet leider etwas eilig und stimmungsf­rei.

Annette Daschs erste Wiener Elsa hinterließ einen durchwachs­enen Eindruck: Die darsteller­ische Intensität der Bayreuth-Erprobten lenkte von der Uneinheitl­ichkeit ihrer Stimmfarbe­n ab. Elena Zhidkova fesselte mit vokalem Kampfesmut, etwas substanzvo­ller, härter könnte man sich eine Ortrud jedoch wünschen. Furchtbar die Aussprache von Jukka Rasilainen, die seinem ungehobelt­en Telramund eine komödianti­sche Note verlieh.

Günther Groissböck gab den Heinrich hyperinten­siv und mit vokalem Überdruck: keine natürliche Autorität, mehr eine aufgepumpt­e. Kraftvoll war Adrian Eröds Heerrufer. Sebastian Weigle lenkte die musikalisc­hen Geschicke mit Übersicht, Gelassenhe­it und Genuss, gab Feuer und Friedferti­gkeit gleicherma­ßen Raum: erstklassi­g wie auch das homogene Staatsoper­norchester. Lauer Applaus für die Sänger, Jubel für Weigle. Termine am 18., 22. und 26. 6.

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Foto: Wiener Staatsoper / Michael Pöhn Andreas Homokis Inszenieru­ng spielt mit Dirndl und Maßkrug.

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