Verdorrte Hand Gottes
Das WM-Viertelfinale zwischen Argentinien und England im Jahr 1986 ist ein ziemlich bekanntes Fußballspiel. Weniger, weil das Tor von Diego Maradona zum 2:0 zum WM-Tor des Jahrhunderts gewählt worden ist, sondern da Maradona auch das 1:0 erzielt hat. Nicht mit dem Kopf, wie der Schiedsrichter dachte, sondern mit der Hand. Mit der „Hand Gottes“, wie Maradona nach dem Spiel hinterfotzig behauptete.
Bei der Weltmeisterschaft in Russland wird man auf solche und ähnliche legendäre und umstrittene Situationen vergeblich warten, hat der Weltfußballverband Fifa doch den Videobeweis eingeführt. Aus ihrem Kämmerchen in Moskau können die Assistenten vor den Monitoren dem Schiedsrichter auf dem Spielfeld Bescheid geben, dass er sich geirrt hat. Und der Referee wird Minuten nach der eigentlichen Situation entweder einen Elfmeter geben, ein Tor aberkennen oder einen Spieler ausschließen.
Hört sich gerecht an – vor allem, wenn das eigene Team betroffen ist –, zerstört aber einen der wesentlichen Aspekte, die die Faszination des „beautiful game“ausmachen. Der Schiedsrichter ist auch nur ein Mensch und macht Fehler; Fehler, über die sich nach dem Match trefflich streiten lässt. Und ins kollektive Gedächtnis haben sich bisher immer neben dem Weltmeister die Fehlentscheidungen eingebrannt, an die man sich Jahrzehnte später noch erinnert. Jetzt lässt die Technik die Hand Gottes verdorren.