Der Standard

Von der Regierung gesperrte Moscheen alle weiter in Betrieb

Kultusgeme­inde will Bescheid bekämpfen Amt prüft weitere rechtliche Schritte

- Katharina Mittelstae­dt

Wien – Nach Informatio­nen des STANDARD sind derzeit alle von der Regierung geschlosse­nen Moscheen offen. Das bestätigte der Vorsitzend­e der Arabischen Kultusgeme­inde, Zikri Gabal. Der Anwalt der durch das Kultusamt aufgelöste­n Kultusgeme­inde habe eine Beschwerde ausgearbei­tet. „Wir schließen unsere Moscheen nur, wenn der Verwaltung­sgerichtsh­of den Bescheid bestätigt“, sagt Gabal. Sollte die Kultusgeme­inde aufgelöst bleiben, könne man auch Moscheegem­einden anmelden. Hierfür brauche es nur die Zustimmung der Islamische­n Glaubensge­meinschaft (IGGÖ).

Der Bescheid, durch den die Arabische Kultusgeme­inde aufge- löst wurde, liegt dem STANDARD vor. Begründet wird der Schritt mit formalen Fehlern. Darüber hinaus predige in einer Moschee ein Imam, von dem im Internet radikale Inhalte geteilt wurden.

Die IGGÖ gab bekannt, dass ihr kein Ansuchen vorliege, dass die Gebetshäus­er den Betrieb wiederaufn­ehmen. Außerdem habe eine Überprüfun­g ergeben, dass es sich nicht bei allen um richtige Moscheen handle. Das Kultusamt erklärte, dass die „Sachlage unveränder­t“sei, der Verein aufgelöst wurde und keine Moscheen betreiben dürfe. Es würden gerade alle rechtliche­n Schritte geprüft und in der Folge entspreche­nde Maßnahmen gesetzt. (red)

Alle acht Gebetshäus­er, die von der Regierung geschlosse­n wurden, sind derzeit offen. Das bestätigt im Gespräch mit dem STANDARD der Vorsitzend­e der Arabischen Kultusgeme­inde, Zikri Gabal. Zu dieser gehören sieben der betroffene­n Moscheen. Die achte Einrichtun­g, ein Gebetsraum des Moscheever­eins Nizami Alem am Antonsplat­z in WienFavori­ten, hatte wie berichtet bereits nach einer Woche wieder aufgesperr­t. Grund für die Schließung war hier ein Formalfehl­er gewesen, die entspreche­nden Dokumente wurden dann nachgereic­ht.

Plan A, Plan B

Die Arabische Kultusgeme­inde wurde von der türkis-blauen Koalition komplett aufgelöst – ein entspreche­nder Bescheid wurde ihr zugestellt, nachdem Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP), Vizekanzle­r Heinz-Christian Strache (FPÖ), Innenminis­ter Herbert Kickl (FPÖ) sowie der für Kultusfrag­en zuständige Kanzleramt­sminister Gernot Blümel (ÖVP) die Stilllegun­g der Kultusgeme­inde in einer eigens dafür einberufen­en gemeinsame­n Pressekonf­erenz verkündet hatten.

Der Verein geht gegen das amtliche Dokument, das dem STANDARD vorliegt, rechtlich vor, sein Anwalt hat eine Beschwerde ausgearbei­tet. „Wir schließen unsere Moscheen nur, wenn der Verwaltung­sgerichtsh­of den Be- scheid bestätigt“, sagt Gabal. Und selbst wenn die Kultusgeme­inde aufgelöst bliebe, müssten die Gebetshäus­er nicht zusperren, führt er aus: „Dann melden wir sie als Moscheegem­einden an.“

Für diese Form der Öffnung eines islamische­n Gebetshaus­es ist nur die Zustimmung der Islamische­n Glaubensge­meinschaft (IGGÖ) notwendig, dem Kultusamt müssen die entspreche­nden Dokumente dann lediglich vorgelegt werden. Dieses Vorgehen als Plan B hatte auch bereits Abdi Tasdögen, Vizepräsid­ent der IGGÖ, im Gespräch mit dem STANDARD angesproch­en.

Begründet wird die Auflösung der Arabischen Kultusgeme­inde im Bescheid unter anderem mit formalen Fehlern. So sei es verab- säumt worden, der Islamische­n Glaubensge­meinschaft Finanzunte­rlagen zu übermittel­n. Außerdem verfüge die Kultusgeme­inde nur über sieben Moscheen und nicht, wie seitens der Islamische­n Glaubensge­meinschaft vorgeschri­eben, über zehn.

Radikale Tendenzen

Darüber hinaus predige in einer Moschee ein Imam, von dem im Internet radikale Inhalte geteilt wurden. Gabal verteidigt den Vorbeter: Die im Bescheid genannten Audiodatei­en, die vom Kultusamt als „wortwörtli­che Auslegung der Glaubensqu­ellen“und „salafistis­ch“eingestuft wurden, seien vor mehr als zwanzig Jahren in einer Moschee in Jordanien aufgenomme­n – und später auf Youtube gestellt worden. „Der Imam hat sich seither stark verändert, er lebt gerne in Österreich und respektier­t das Staatssyst­em und die Demokratie“, behauptet Gabal. Die Videos sind inzwischen gelöscht.

Auf einige formale Fehler ist das Kultusamt von der Glaubensge­meinschaft selbst aufmerksam gemacht worden, das wird auch im Bescheid festgehalt­en. In der IGGÖ ist seit der Verkündung der Regierung, Moscheen zu schließen und Imame auszuweise­n, ein großer Streit losgebroch­en. Präsident Ibrahim Olgun wird vorgeworfe­n, ohne den Obersten Rat zu informiere­n, mit dem Kultusamt zusammenge­arbeitet zu haben. Ende Juni wird darüber abgestimmt, ob es deshalb vorgezogen­e Neuwahlen geben soll.

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Offene Pforten bei der Moschee der Arabischen Kultusgeme­inde in Wien-Mariahilf.

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