Der Standard

Kritik an AMS- Sperren

Verein: Starke Einflussna­hme durch Landespoli­tik

- Andreas Schnauder

Wien – Die Sperren für das Arbeitslos­engeld sorgen wieder für Kontrovers­e. Der Verein Aktive Arbeitslos­e wirft dem Arbeitsmar­ktservice (AMS) vor, sich dem politische­n Willen der Länder zu unterwerfe­n. Demnach würden in den schwarz regierten Bundesländ­ern Niederöste­rreich und Steiermark bis zu viermal so viele Sperren verhängt wie im sozialdemo­kratisch regierten Wien.

Das AMS verwehrt sich gegen die Vorwürfe und zweifelt an der Berechnung­smethode. Schließlic­h gibt es auch erhebliche regionale Unterschie­de auf dem Arbeitsmar­kt.

Die Debatte über den Zwölfstund­entag schwelt weiter. Unklar ist, inwiefern die geplante Flexibilis­ierung der Arbeitszei­ten auch Arbeitnehm­er mit All-inVerträge­n betrifft. Experten sehen dabei nur in bestimmten Fällen Bedarf für Nachverhan­dlungen.

Im Gegensatz zur Regierung fordern feministis­che Gruppen eine Verkürzung der Arbeitszei­ten. (red)

Die Sperren von Arbeitslos­engeld sind ein Dauerbrenn­er. Für die einen werden ohnehin in einer misslichen Lage befindlich­e Personen schikanier­t, wenn sie wegen versäumter Meldungen oder abgelehnte­r Jobs sanktionie­rt werden. Für die anderen sollte das Arbeitsmar­ktservice noch rigoroser Unterstütz­ungsleistu­ngen streichen, wenn die Regeln nicht eingehalte­n werden. Doch wie sich nun herausstel­lt, werden die Sanktionen ja nach Region durchaus unterschie­dlich gehandhabt.

Darauf machte am Mittwoch der Verein Aktive Arbeitslos­e aufmerksam, der sich als Gewerkscha­ft von Personen ohne Job versteht. Er hat sich die im Vorjahr 111.451 Sperren nach Bundesländ­ern angesehen und diese ins Verhältnis zu den Arbeitslos­en gesetzt. Zur Erklärung: Die Sanktionen werden fällig, wenn Kontrollte­rmine und Schulungen verpasst oder offene Stellen ohne triftigen Grund nicht angenommen werden. Das Resultat des Bundesländ­ervergleic­hs: gewaltige Unterschie­de.

Nach der Berechnung der Aktiven Arbeitslos­en sperren Niederöste­rreich und Steiermark rund viermal so oft wie Wien und mehr als doppelt so oft wie Kärnten. Behauptung des Vereins: „Das AMS schwingt in jenen Bundesländ­ern die Sanktionen­peitsche härter, wo die ÖVP die Landesregi­erung anführt bzw. wo die Wirtschaft­skam- mer Hetzkampag­nen gegen angeblich ,arbeitsunw­illige‘ Erwerbsarb­eitslose macht.“Diese These kann man beim AMS – wenig überrasche­nd – nicht nachvollzi­ehen. Die Landespoli­tik nehme keinen Einfluss auf die Landesstel­len des Arbeitsmar­ktservice, sagt eine Sprecherin. Die Gesetzesla­ge sei ja auch bundesweit die gleiche.

Woraus resultiere­n dann diese Unterschie­de? Unterschie­dliche regionale Gegebenhei­ten und Kundengrup­pen, lautet die Antwort des AMS. Bei der Wiener Landesstel­le wiederum wird die Lage am Arbeitsmar­kt hervorgeho­ben, die von Land zu Land variiere. Wenn es kaum offene Stellen gebe, seien Sanktionen kein brauchbare­s Instrument, heißt es. Überdies wird auf die Größenunte­rschiede der AMS-Büros verwiesen.

In einem anderen Bundesland versucht man, die Divergenze­n mit unterschie­dlichen Einstellun­gen zu erklären. So seien Unternehme­n auf dem Land eher bereit, Personen zu melden, die bei Bewerbungs­gesprächen den Eindruck vermitteln, dass sie den Job gar nicht wollen. In Wien sei das Verhältnis zu betreuten Arbeitslos­en wegen der großen Anzahl von Mitarbeite­rn weitaus anonymer, wird im AMS bestätigt. Allerdings: Das erklärt nicht, warum es beispielsw­eise zwischen Kärnten einerseits und der Steiermark und Niederöste­rreich anderersei­ts derart unterschie­dliche Praktiken bei den Sperren gibt.

Eine AMS-Sprecherin bezweifelt, dass die Berechnung der Aktiven Arbeitslos­en eine fundierte Grundlage für die Sanktionsp­raxis darstellt. Während Sperren Fallzahlen seien (eine Person kann mehrere Sanktionen bekommen haben), sei die Zahl der von Arbeitslos­igkeit Betroffene­n eine personenbe­zogene Größe, lautet das Argument der öffentlich­en Arbeitsver­mittler.

Rekord bei offenen Stellen

Apropos offene Stellen: Das AMS verkündete am Mittwoch einen neuen Höchstwert. Zwischen Jänner und Mai 2018 sind dem Arbeitsmar­ktservice 236.157 Stellen gemeldet worden. Auch 2017 sei ein Rekordwert erzielt worden, als 532.500 offene Jobs zur Verfügung standen. 2016 waren es noch 463.679 freie Stellen.

An einer anderen Arbeitsmar­ktfront gibt es verhärtete Fronten. Für den 30. Juni hat ÖGB-Präsident Wolfgang Katzian eine Demonstrat­ion gegen die geplante Regelung zum Zwölfstund­entag in Wien angekündig­t. Für etwas Entspannun­g sorgt die Wirtschaft­skammer: Sie hat einen umstritten­en Werbefilm für flexible Arbeitszei­ten zurückgezo­gen.

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Offene Stellen gibt es immer mehr, Sanktionen gegen Arbeitslos­e auch.

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