ZITAT DES TAGES
Zwei Frauen geben an, beim Nova Rock sexuell belästigt worden zu sein, Mitarbeiter hätten ihnen unzureichend geholfen. Der Veranstalter sieht das anders. Manche Festivals haben Sicherheitskonzepte entwickelt.
„Wir sind kein Tribunal, wir sind kein Gericht, und wir suchen in dem Sinn auch keinen Schuldigen“ Die Vorsitzende der U-Kommission zum Krankenhaus Nord, Elisabeth Recht, eröffnete die erste konstituierende Sitzung
Grapschende Hände, Berührungen im Intimbereich – und das immer wieder, obwohl sich zwei Besucherinnen des Nova-Rock-Festivals mit Worten und später auch mit Tritten zur Wehr setzten. „Wir waren erst drei Stunden beim Festival, schon war die Stimmung am Boden. Wir haben uns unsicher gefühlt“, sagt eine der beiden Betroffenen dem STANDARD.
Was die beiden Lehrerinnen aus Niederösterreich noch mehr stört als die Übergriffe an sich, waren die Reaktionen der Mitarbeiter. „Wir sind zuerst zur Bar, weil die ganz in der Nähe war. Dort wurde uns gesagt, dass wir selbst die Security-Mitarbeiter suchen müssen, weil Bar-Mitarbeiter in dem Fall nichts tun können“, schildert die 30-Jährige. Als die beiden Frauen mit einem Security-Mann zurückkamen, waren die Männer allerdings schon weg. „Der Mitarbeiter hat dann vorgeschlagen, wir sollen beim nächsten Mal doch nicht so aggressiv reagieren und die Typen freundlich bitten mitzukommen. So ein Ratschlag ist natürlich alles andere als praktikabel.“
Das Festival im burgenländischen Nickelsdorf ging am Sonntag zu Ende. Täglich feierten zwischen 45.000 und 50.000 Menschen auf dem Gelände. Das Rote Kreuz versorgte im Laufe des Wochenendes etwa 2000 Personen, und auch die Exekutive war in vollem Einsatz. Anzeigen zu sexuellen Übergriffen sind dieses Jahr nicht eingegangen, auch in den Jahren zuvor habe es höchstens jeweils ein, zwei solcher Fälle gegeben – etwa im letzten Jahr, wo Verdacht auf Vergewaltigung bestand: „Daraus wurde aber nichts mehr. Es gab keine Spuren“, heißt es beim Bezirkspolizeikommando Neusiedl am See.
Die Betroffenen vom Nova Rock wundert es nicht, dass es wenige Anzeigen gibt: „Wieso soll ich das anzeigen, wenn es keine Aussicht auf Erfolg gibt? Wir möchten uns einfach sicher fühlen und ernst genommen werden. Manche Leute denken, auf Festivals gebe es keine Regeln.“
Codewörter für Sicherheit
Dass Festivals ein besonderer Nährboden für sexuelle Übergriffe darstellen, wurde bereits im letzten Sommer breit thematisiert: Nachdem es auf dem schwedischen Bråvalla-Festival zu 23 Anzeigen wegen sexueller Belästigung und zu weiteren fünf wegen Vergewaltigung kam, wurde die Veranstaltung für dieses Jahr abgesagt.
Der deutsche Veranstalter führte bei den in Deutschland stattfin- denden Festivals ein spezielles Konzept ein: Wer sich bedroht oder unwohl fühlt, kann sich an jeder Bar, bei allen Securitys und sonstigen Mitarbeitern mit der Frage „Wo geht’s nach Panama“melden. Rückfragen gibt es keine, Betroffene werden rasch in eine geschützte Umgebung gebracht – auch dieses Jahr wieder.
Nova-Rock-Veranstalter Ewald Tatar bedauert, dass die beiden Frauen am Wochenende belästigt wurden. Es gebe allerdings ein gu- tes Sicherheitskonzept, Sicherheitsmänner und Polizei seien überall auf dem Gelände unterwegs und gut geschult. „Wenn der angesprochene Mitarbeiter nichts unternimmt, tut uns das leid. Aber im Endeffekt ist es ein Barmitarbeiter.“Funkkontakt zu SecurityMännern gebe es nicht, für 2019 könne man sich das aber überlegen, so Tatar. Sexuelle Übergriffe verurteile er „aufs Schärfste“.
Beim am Wochenende stattfindenden Wiener Donauinselfest wurden 650 Festival-Mitarbeiter – von Security-Teams über das Barpersonal – für das Thema sensibilisiert und speziell geschult. Sie sind durch einen hellblauen Button mit Anker und der Aufschrift „Hilfe bei Belästigung“erkennbar.
2017 gab es einen Verdacht auf Vergewaltigung, der sich nicht erhärtete. Ein 19-jähriger Afghane wurde wegen versuchter sexueller Nötigung zu 18 Monaten teilbedingt verurteilt. Er versuchte einer Frau das T-Shirt auszuziehen.