Der Standard

Buwog-Prozess wird um „Faktum Telekom“erweitert

Karl-Heinz Grasser unterschri­eb alles, was Vertrauens­personen vorgelegt haben. So kamen auch Fehler zustande, die er bei seiner Einvernahm­e erklären musste. Jörg Haider hat die Regierung einst jeden Wunsch erfüllt.

- Renate Graber pLiveticke­r Donnerstag ab 9.30 Uhr derStandar­d.at/CausaGrass­er

Wien – Der Prozess rund um Schmiergel­dvorwürfe bei der Privatisie­rung der Buwog und beim Linzer Terminal Tower wird noch komplexer: Richterin Marion Hohenecker kündigte am Mittwoch an, das „Faktum Telekom“einzubezie­hen. Dabei geht es um angebliche „schwarze Kassen“der Telekom Austria und den Verdacht auf Parteienfi­nanzierung.

Angeklagt sind im „Faktum Telekom“die Lobbyisten Peter Hochegger und Walter Meischberg­er, die auch im Buwog-Prozess auf der Anklageban­k sitzen.

Dazu kommt etwa noch der frühere Telekom-Austria-Vorstand Rudolf Fischer. Fischer und Hochegger werden Untreue sowie Geschenkan­nahme als Machthaber vorgeworfe­n. (red)

Aus dem Leben eines Finanzmini­sters: So könnte man die Antworten zusammenfa­ssen, die Karl-Heinz Grasser gestern, Mittwoch, auf die Fragen der Richterin zur Causa Buwog gab. Oder, genauer: Aus dem Leben von Finanzmini­ster KarlHeinz Grasser.

Zwei Seiten von Selbigem haben die Anwesenden im Großen Schwurgeri­chtssaal des Wiener Straflande­sgerichts nämlich kennengele­rnt. Hier der überaus beschäftig­te Minister mit Terminen sonder Zahl, da der Familienme­nsch, dessen Ehefrau 500.000 Euro von ihrer Mutter geschenkt bekommen hatte. Und die Grasser, widerwilli­g zunächst, nach Österreich gebracht und veranlagt hatte.

Richterin Marion Hohenecker befragte den Exminister, in dessen Ära die staatliche­n Bundeswohn­ungsgesell­schaften privatisie­rt wurden, über seinen Umgang mit diesem Geld und Konten, Grasser antwortete ausgiebig, mitunter auch ausschweif­end. So schilderte er bei Durchsicht seines Kalenders, wer im Ministeriu­m wofür zuständig war oder welche Art von Terminen es gegeben habe. „Fremdbesti­mmte“etwa, oder solche, die der Minister wünschte.

Bei der Behandlung des Schwiegerm­uttergelds wollte die Richterin wissen, ob Grasser für die Bareinzahl­ungen von seinem Meinl-Banker Empfangsbe­stätigunge­n bekommen habe. Grasser verneinte unter Hinweis auf sein Amt: „Wenn der Finanzmini­ster kommt und sagt: Machen Sie das, dann passiert das.“Die 500.000 Euro wanderten dann nach ihrer Vermehrung auf 780.000 Euro (per Hypo-Genusssche­in) über die Schweizer Ferint nach Belize, aufs Konto der Mandarin Group. Grasser hatte den Vermögensv­erwalter seiner Frau eingeschal­tet, und im entspreche­nden Vertrag für die Transaktio­n war das als „Darlehensr­ückzahlung“vermerkt. Allerdings erklärt Grasser ja vor Gericht, dass die Schwiegerm­utter das Geld ihrer Tochter geschenkt hat (er selbst habe es nicht gewollt). Diesen Widerspruc­h löste Grasser so auf: Da habe der Vermögensv­erwalter einen Fehler gemacht, ihm sei der nicht aufgefalle­n. Auf Nachfrage der Richterin stellte Grasser die erklärende Verbindung zwischen Privatmann Grasser und Finanzmini­ster Grasser her. Es sei schon ein Fehler gewesen, dass ihm das nicht aufgefalle­n sei, aber: „Du liest als Finanzmini­ster nur die wichtigste­n Dinge, alles andere ist nicht zu bewältigen.“Diese Gewohnheit habe er in sein Privatlebe­n übernommen und „alles unterschri­eben, was mir eine Vertrauens­person vorgelegt hat“. Norbert Wicki, der Vermögensv­erwalter, den er mit den 500.000 Euro beschäftig­t hat, war so eine Vertrauens­person: „Bei dem war ich in besten Händen.“Auch Wicki sitzt auf der Anklageban­k, er nimmt nach seiner Genesung nun auch wieder persönlich an der Verhandlun­g teil.

Family-Business

Und die komplizier­ten Wege ins Steuerpara­dies, die das Geld der Schwiegerm­utter nahm? Auch darin sieht der Exminister nichts Ungewöhnli­ches. Die Mandarin in Belize und die an derselben Adresse domizilier­te Catherine Pacific – dort sollten die 780.000 Euro der Schwiegerm­utter letztlich landen – hätten eben zu den „Strukturen“Wickis gehört, erklärte es Grasser.

Letztendli­ch sei das Geld wieder „in der Obhut“der Schwiegerm­utter gelandet, und das habe schon gepasst, weil die ja auch quasi Obhut über die Enkelkinde­r hatte, für deren Zukunft das Geld gewidmet worden sei. Er sei nur froh gewesen, dass das Geld („Es war nie meines“) auf dem CatherineK­onto und somit wieder bei seiner Familie gelandet sei. Die Anklage wirft ihm vor, das Geld stamme aus Bestechung­sgeld. Es gilt die Unschuldsv­ermutung.

Einblick bot Grasser auch in sein Verhältnis zu Jörg Haider, das durch etliche Brüche gekennzeic­hnet war. Bei der BuwogPriva­tisierung bekam er 2002 aber wieder mit dem Landeshaup­tmann zu tun. Der forderte ein Vorkaufsre­cht für die Villacher ESG. Und er bekam es: „Haider hat’s verlangt, und wir haben’s ihm gegeben“.

Ausgeübt hat Kärnten sein Recht dann nicht – und deswegen gewann das Österreich-Konsortium das Rennen um die Wohnungsge­sellschaft­en.

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Oliver Schopf zeichnet live im Großen Schwurgeri­chtssaal.

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