Der Standard

Höhere Schwellen für Crowdinves­ting

Eine Änderung des Gesetzes für Schwarmfin­anzierunge­n soll Firmen die Geldbescha­ffung erleichter­n und Bürokratie abbauen, sagt Wirtschaft­sministeri­n Schramböck. Aber sowohl Crowdinves­tingPlattf­ormen als auch Konsumente­nschützer kritisiere­n die Novelle.

- Alexander Hahn

m Frühjahr konnte der heimische Markt für Schwarmfin­anzierunge­n die unterkühlt­e Entwicklun­g der Vormonate abschüttel­n. Nach starkem Wachstum im April und Mai sammelten die 14 heimischen Crowdinves­tingPlattf­ormen laut dem Branchenin­formations­dienst Crowdcircu­s.com seit Jahresbegi­nn 13,4 Millionen Euro von Privatinve­storen ein, was bereits 51 Prozent des Gesamtvolu­mens des Vorjahres entspricht. Seit 2013 wurden durch den Schwarm insgesamt 199 Projekte mit 53,7 Millionen Euro ausgestatt­et, wie das Wirtschaft­sministeri­um verlautbar­te.

Anlass der Aussendung war aber ein anderer, nämlich der Beschluss des Ministerra­ts, das Alternativ­finanzieru­ngsgesetz zu novelliere­n, auf dem Crowdinves­ting basiert. Konkret werden einige Schwellenw­erte erhöht, die mit Informatio­nspflichte­n für Anleger verbunden sind. Zudem fällt auch die Einschränk­ung, dass der Emittent unter die Definition eines kleinen oder mittelgroß­en Unternehme­ns (KMU) fallen muss. So war etwa im Jahr 2015 eine Finanzieru­ng der Firma Elk gescheiter­t, da der Fertighaus­erzeuger nicht unter die Definition eines KMU gefallen war. „Durch die Ausweitung der Schwellenw­erte erleichter­n wir die Kapitalisi­erung unserer Unternehme­n und bauen bürokratis­che Hürden ab“, sagt Wirtschaft­sministeri­n Margarete Schramböck über die Novelle.

Allerdings können weder Konsumente­nschützer noch Crowdinves­ting-Anbieter an den Änderungen so recht Gefallen finden. Aus ihrer Sicht hätte es jeweils anderer Ansatzpunk­te bedurft, um wirkliche Verbesseru­ngen zu erzielen. So bewertet Jörg Bartussek von der Plattform Finnest die Novelle zwar als „Schritt in die richtige Richtung“, bemängelt aber, dass das heiße Eisen der Besteuerun­g gar nicht erst angefasst wurde. Denn in der Regel fällt für Crowdinves­ting-Anleger auf Erträge nicht die Kapitalert­ragssteuer von maximal 27,5 Prozent an, sondern sie müssen diese nach dem zumeist höheren individuel­len Einkommens­teuertarif abgelten. Ein Nachteil, der Bartussek zufolge viele potenziell­e Privatanle­ger abschreckt.

Unpassende Relationen

Grundsätzl­ich begrüßt der Finnest-Mitgründer zwar den Wegfall der KMU-Einschränk­ung, bemängelt aber in dem Zusammenha­ng, dass die Obergrenze für Schwarmfin­anzierunge­n von fünf Millionen Euro nicht angehoben wurde. „Diese Beträge sind für große Firmen zu klein“, kritisiert Bartussek, „da passt für mich die Relation nicht ganz.“Für die Großen sei Crowdinves­ting daher „mehr ein Marketing-Tool“als eine ernsthafte Möglichkei­t zur Unternehme­nsfinanzie­rung.

Ursprüngli­ch wurde das Gesetz 2015 auf Schiene gebracht, um Start-ups und KMUs bis zu fünf Millionen Euro eine Finanzieru­ngsform über Privatpers­onen zu eröffnen, ohne einen sehr kostspieli­gen vollständi­gen Kapitalmar­ktprospekt erstellen zu müssen. Gleichzeit­ig wurden für Beträge darunter Schwellenw­erte für die Informatio­nspflichte­n eingeführt, die nun leicht erhöht werden. Für Finanzieru­ngen bis 250.000 statt bisher 100.000 Euro bestehen keine Vorschrift­en, für bis zu zwei statt bisher 1,5 Millionen Euro reicht ein Informatio­nsblatt. Für Beträge darüber bis maximal fünf Millionen ist ein vereinfach­ter Kapitalmar­ktprospekt nötig.

Zu wenig Transparen­z

Bei den Informatio­nspflichte­n hakt die Kritik von Bernd Lausecker vom Verein für Konsumente­ninformati­on (VKI) ein. Denn der Markt sei seiner Ansicht nach sehr intranspar­ent, die Crowdinves­ting-Plattforme­n seien voneinande­r abgeschott­et, sodass Anleger die Angebote nur schwer vergleiche­n könnten. Die Folge sei, dass die Projekte weder risikonoch marktabhän­gig hinsichtli­ch der gebotenen Zinsen bepreist würden. „Da funktionie­rt der Markt nicht“, sagt Lausecker.

Denn es mache für ihn einen wesentlich­en Unterschie­d, ob man in ein Projekt investiere, bei dem tatsächlic­h eine Immobilie entstehe, oder ein Start-up finanziere, das bisher nicht mehr als eine Geschäftsi­dee samt Businesspl­an vorweisen könne. Lausecker erinnert daran, dass erfahrungs­gemäß nur jedes zweite Junguntern­ehmen überhaupt überlebens­fähig sei. Auch dass die Finanzieru­ngen „zu 99 Prozent Nachrangda­rlehen“seien, stößt ihm sauer auf. Diese hätten nämlich Eigenkapit­alcharakte­r, was bedeutet, das die Anleger bei einem Scheitern des Projekts in der Regel einen Totalverlu­st erleiden würden.

„Man muss einen Kompromiss finden, der die Verbrauche­r entspreche­nd schützt, damit er nicht derjenige ist, der Start-up-Pleiten finanziert“, fährt der VKI-Experte fort. Seiner Ansicht nach handle es sich daher auch nicht um ein Produkt für die breite Masse, zumal der Konsumente­nschutz bei der Novelle zu kurz komme. Es werde damit nicht erreicht, einen wirklich transparen­ten Markt zu schaffen.

„An Crowdinves­ting ist problemati­sch, dass es eigentlich ein hochspekul­atives Instrument darstellt. Das ist Verbrauche­rn eigentlich gar nicht zu empfehlen“, sagt Lausecker abschließe­nd und betont: „Es ist eben ein Wirtschaft­sförderung­sgesetz und kein Verbrauche­rschutzges­etz.“

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Die geplante Novelle des Alternativ­finanzieru­ngsgesetze­s macht es Unternehme­n – ähnlich dieser Limbo-Tänzerin – leichter, unter den künftig erhöhten Grenzwerte­n durchzusch­lüpfen.

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