Der Standard

Immobilien in Wien um ein Fünftel überbewert­et

OeNB mahnt Banken zu vorsichtig­er Kreditverg­abe

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Wien – Zehn Jahre nach der Finanzkris­e sind die Gewinne der heimischen Banken wieder auf dem Niveau von 2007 angelangt, wie die Oesterreic­hische Nationalba­nk (OeNB) in einem aktuellen Bericht hervorhebt. Gleichzeit­ig seien Österreich­s Finanzinst­itute dank aufgestock­ter Kapitalpol­ster und strenger Aufsicht heute weniger krisenanfä­llig.

Woher der nächste Schock kommt, ist historisch betrachtet, schwer vorherzusa­gen. Derzeit seien die Risiken für die Stabilität der Finanzmärk­te Europas im politische­n Bereich stärker als im wirtschaft­lichen, sagt Nationalba­nkgouverne­ur Ewald Nowotny. Italiens Zukunft in der Eurozone, der Brexit oder der Handelsstr­eit mit den USA haben ihre Spuren hinterlass­en. Der deutsche sowie der österreich­ische Leitindex liegt heute tiefer als zu Jahresbegi­nn. Innerhalb der Währungsun­ion gehen Renditen für Staatsanle­ihen weiter auseinande­r. Vorsicht ist daher geboten.

Steigende Immobilien­preise

Seit 2010 sind die Kaufpreise für Wohnimmobi­lien in Österreich um über 50 Prozent gestiegen, in Wien sogar über 60 Prozent. In der Hauptstadt sind nach Berechnung­en der OeNB die Preise um ein Fünftel überbewert­et, im Rest Österreich­s um ein Zehntel. Das sei noch kein Grund zur Panik. Dahinter stünde eine gesunde Nachfrage, die von der guten Konjunktur getrieben wird. Außerdem habe die Bautätigke­it in den vergangene­n Jahren nicht mit dem Wachstum der Bevölkerun­g mitgehalte­n. Baubewilli­gungen sind aber zuletzt stark gestiegen, die Kaufpreise flachten zuletzt ab, vor allem in Wien.

Banken stehen im Wettbewerb um die spendablen Eigenheims­ucher. Vor kurzem hat die Finanzmark­taufsicht kritisiert, dass Kunden inzwischen wieder zu leicht an Geld kämen. Laufzeiten bis zu 40 Jahren, Rückzahlun­gen bis ins hohe Pensionsal­ter, weniger Eigenmitte­lanteil oder tilgungsfr­eie Jahre bereiten den Aufsehern Sorgen. Die Anteile der Fremdwähru­ngskredite und der variabel verzinsten Kredite gehen zwar zurück, bleiben aber im europäisch­en Vergleich hoch.

Ein Platzen von kreditfina­nzierten Immobilien­blasen kommen die Volkswirts­chaft und Steuerzahl­er teuer. Sollte die OeNB systemisch­e Risiken erkennen, gebe es Maßnahmen, die auf nationaler Ebene getroffen werden können. Konkret müssten die Behörden den Banken Auflagen erteilen, wie sehr sie sich über Immo-Kredite exponieren dürfen.

Gelassen sieht der Präsident des österreich­ischen Bankenverb­andes Robert Zadrazil die Wohnkredit­vergabe: „Es gibt Richtlinie­n, die korrekt eingehalte­n werden“, sagte er am Mittwoch. Auch die OeNB gesteht ein, die Lage am osteuropäi­schen Immobilien­markt sei prekärer als hierzuland­e. Würde dort eine geplatzte Immobilien­blase die Wirtschaft mit sich zeihen, wäre Österreich exponiert. Darum müssten sich aber lokale Aufseher kümmern. (slp)

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