Der Standard

Apple hortet steuerscho­nend Milliarden in Irland

Untersuchu­ng deckt Niedrigste­uern auch nach EU-Entscheidu­ng auf

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Brüssel/Wien – Man kennt die Tricks der großen Multis schon lange. Ob Google, Amazon, Apple oder Ikea: Die hohen Umsätze in Europa werden steuerlich „optimiert“, wie das in der Fachsprach­e so schön heißt. In der Praxis gibt es meist eine Holding in Europa, die ihren Sitz in Irland, Luxemburg oder den Niederland­en hat. Dort gibt es massive Steuerbegü­nstigungen. Kombiniert werden diese Goodies mit hohen Lizenzgebü­hren, die Töchter in anderen Staaten an die Holding leisten. Und, um die Sache abzurunden, werden vielfach noch weitere Gesellscha­ften in der Karibik oder auf den Kanalinsel­n zwischenge­schaltet.

Nun haben sich zwei Experten die Konstrukti­on von Apple näher angesehen. Der iPhone- und Macbook-Hersteller ist in den besonderen Fokus der EU-Kommission geraten und muss nach einer Entscheidu­ng Brüssels 13 Milliarden Steuern nachzahlen. Pikanterie am Rande: Irland sträubt sich gegen die Refundieru­ng und wurde deshalb von der EU-Kommission beim Europäisch­en Gerichtsho­f verklagt. Mittlerwei­le wurde ein Ratenmodel­l entwickelt.

Doch zurück zu der Untersuchu­ng: Im Auftrag der Linken Fraktion im Europaparl­ament haben sich die Experten Martin Brehm Christense­n und Emma Clancy auf Spurensuch­e begeben, wie sich die Steuerleis­tung nach einer Umstruktur­ierung von Apple darstellt. Die Wertung der Konstrukti­on des Konzerns als Beihilfe durch die EU-Kommission hatte sich nur auf den Zeitraum bis 2014 bezogen. Irland musste daraufhin einige Änderungen im Steuerrech­t vornehmen, deren Effekte überschaub­ar sein dürften.

Doch auch danach sind die Steuerleis­tungen von Apple nicht allzu stark angeschwol­len. Wobei die Untersuchu­ng schwierig ist, weil das US-Unternehme­n keine genauen Angaben zu den Erlösen in einzelnen Ländern macht, sondern nur große Regionen ausweist. Zu Europa zählt dann beispielsw­eise auch Afrika und der Mittlere Osten. Allerdings legt eine Bilanzanal­yse nahe, dass sich der über Irland gehortete Cash-Bestand von 2015 bis 2017 um 59 Milliarden Dollar erhöht hat. Die Autoren setzen diesen Betrag mit der Summe der Erlöse gleich.

Kombiniert mit weiteren Daten aus Apple-Publikatio­nen kommt die Analyse zu dem Schluss, dass die Steuerquot­e in einer Bandbreite von 0,7 bis 8,8 Prozent liege. Damit hätte sich der Konzern bis zu 21 Milliarden Euro an Steuern erspart, meinen die Autoren.

Doch wie kommt die vorteilhaf­te Struktur zustande? Apple hat nach den Änderungen der irischen Regeln eine Übergangsk­lausel genutzt und Gesellscha­ften auf der Kanalinsel Jersey gegründet, die an die Stelle des sogenannte­n Double Irish traten. Mit diesem Modell hatte Apple wie auch viele andere Konzerne den von Irland offerierte­n Vorteil für Fälle genutzt, bei denen eine Tochter Lizenzgebü­hren verwaltet, die einer anderen Tochter gehören. Auch wenn über die steuerrech­tlichen Folgen der neuen Konstrukti­on nur Vermutunge­n angestellt werden können, lassen Dokumente der Paradise Papers den Schluss zu, dass das Nachfolgem­odell ebenfalls stark „optimiert“.

Für Linke-Abgeordnet­en Martin Schirdewan ist damit klar, dass Apple auch nach der Umstruktur­ierung „weltmeiste­rlich seine Steuern drückt“. (as)

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