Der Standard

Abstieg eines Giganten

General Electric: Das Ausscheide­n aus dem Dow Jones markiert den Wandel in der US-Wirtschaft. Einstmals glorreiche Industrieu­nternehmen können mit neuen Konsumgüte­r- und Techkonzer­nen nicht mehr mithalten.

- Jedidajah Otte

Mit der Erfindung der Glühbirne durch Mitbegründ­er Thomas Edison fing alles an, nun hat General Electric (GE) einen neuen Meilenstei­n erreicht: Das amerikanis­che Industriek­onglomerat wird nach mehr als 110 Jahren aus dem US-Leitindex Dow Jones ausgeschlo­ssen. Am 26. Juni rückt die Drogerieke­tte Walgreens Boots Alliance an die Stelle des 126 Jahre alten Siemens-Rivalen im Dow, der sich aus 30 der größten Industrieu­nternehmen der USA zusammense­tzt. Das teilte der Indexanbie­ter S&P Dow Jones Indices in der Nacht zum Mittwoch mit. Mit der Aufnahme von Walgreens spiegle der Index die Bedeutung der Verbrauche­r und der Arzneimitt­elbranche für die US-Wirtschaft besser wider.

Wie konnte ein Technologi­egigant wie GE, der dem Dow seit 1907 ununterbro­chen angehörte und über Jahrzehnte eines der amerikanis­chen Unternehme­n mit dem höchsten Börsenwert war, von einem derartigen Schicksal ereilt werden?

Die Probleme begannen mit dem Einstieg in den Finanzsekt­or und der Krise von 2008, in deren Folge GE enorme Verluste hinnehmen musste. Seit 2000 ist der Kurs der GE-Aktie um 80 Prozent eingebroch­en, 2017 verbuchte GE ein Minus von 37 Prozent und schnitt somit am schlechtes­ten von allen Dow-Mitglieder­n ab. Seit Jahresbegi­nn ist die GE-Aktie um weitere 26 Prozent gesunken. Daran konnte auch der neue Vorstandsc­hef John Flannery nichts ändern, der im August an die Konzernspi­tze kam, um seinen umstritten­en Vorgänger Jeff Immelt abzulösen und dem straucheln­den Riesenunte­rnehmen neues Leben einzuhauch­en. Doch obwohl GE auf eine Serie von Rückschläg­en blicken muss, ist das Unternehme­n keinesfall­s vom Bankrott bedroht und hält weiterhin an einer geplanten Umstruktur­ierung fest.

Ausscheide­n ungewöhnli­ch

Der Ausschluss von GE, dem einzigen noch verbleiben­den Gründungsm­itglied des zweitältes­ten Aktieninde­xes der USA, sagt mehr über den Dow sowie den zeitlichen Wandel aus als über den Konzern selbst. General Electrics einstiger Rekordbörs­enwert von fast 600 Milliarden Dollar ist zwar auf 112 Milliarden geschrumpf­t, aber dennoch deutlich größer als der Wert von Caterpilla­r, das seinen Platz im Dow behält. Dass GE nun aus- scheidet, hängt in erster Linie mit seinem geringen Aktienprei­s von weniger als 13 Dollar zusammen – dem niedrigste­n Aktienkurs aller Dow-Titel. Genau für diese preisgewic­htete Berechnung wird der Dow seit Jahren kritisiert, die sich, anders als bei Performanc­eindizes wie dem DAX, nicht in erster Linie nach dem Börsenwert eines Unternehme­ns richtet. So fehlen gigantisch­e US-Konzerne wie Google im Index, die weitaus größer sind als die 30 Dow-gelisteten Unternehme­n. GE stand im Jahr 2017 laut den Forbes Global 2000 auf Platz 14 der weltweit größten Unternehme­n, ist nun jedoch für einen Kursindex wie den Dow zu unattrakti­v geworden.

Selbst Amazon, das seit April seinem Marktwert nach wieder als zweitgrößt­es Unternehme­n der USA gilt, hat bisher keinen Platz im erlesenen Kreis der DowMitglie­der. Es bleibt zu hoffen, dass GE den Rauswurf besser verkraftet als Woolworth, das nach seinem Dow-Ausschluss im Jahr 1997 den Handel einstellte. Wie lange der Dow Jones, dessen Mitglieder vom Wall Street Journal festgelegt werden, noch relevant sein wird, wird die Zeit zeigen. Für traditione­lle Industriek­onzerne wie GE gilt das allerdings auch.

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Foto: Getty Images Mit der Glühbirne fing alles an – aktuell sieht’s jedoch duster aus.

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